Schein und Sein
Dominik Schebach Vergangene Woche blieb das Auge beim Medienstudium an einem Beitrag aus den USA hängen. Da haben Verbraucher Starbucks verklagt, weil die Mango-Limonade keine Spur von Mango enthielt. Laut Medienberichten hatte die prominente US-Kette zuvor vor Gericht erfolglos argumentiert, dass Konsumenten die namensgebende Frucht gar nicht im Getränk erwarten. – Der Richter hat die Klage letztendlich zugelassen, der Standpunkt der beklagten Kaffeehauskette war dann vielleicht doch etwas zu kühn.
Es geht wie immer um Schein und Sein sowie die Rolle der Kommunikation in dieser Gleichung. Welche Erwartungen bzw. Assoziationen lasse ich mittels Kommunikation bei meinem Gegenüber entstehen, wie weit stimmen sie mit der Wirklichkeit überein und wie weit will ich diese Erwartungen überhaupt erfüllen. Die Kommunikation betrifft dabei alle Aspekte im Kontakt zwischen Unternehmen und Kunden – und das beginnt bei der Bezeichnung des Produkts. Jedes Detail trägt dazu bei, gewisse Erwartungen zu schüren.
Folgt man der Argumentation der Starbucks-Anwälte bis zum Schluss, ginge es nur um den Schein. Zynisch gesehen hätte diese Verteidigungslinie viel Potenzial: Hätte Starbucks damit Erfolg gehabt, wäre mit einem Schlag das Marketing von all den lästigen Beschränkungen befreit, welche Konventionen und Konsumentenschutz erzwingen. Bedenken wegen der Überprüfbarkeit der Produktangaben könnten umgehend über Bord geworfen werden, solange nur die Kommunikation die gewünschten Erwartungen bei den Endkunden entstehen lässt und die Produkte weiter gekauft werden.
Für den Konsumenten ist dies natürlich ein Albtraum. Denn bis in einem vollkommen unregulierten Markt solch ein Missbrauch des Kundenvertrauens korrigiert, vergeht Zeit und wird viel Porzellan zerschlagen. Im schlimmsten Fall entsteht eine Abwärtsspirale. Wenn nur der Schein zählt, bleibt der Inhalt auf der Strecke. Wie die Kunden darauf reagieren, ist auch klar. Sie ziehen sich ebenfalls mit einem gewissen Zynismus auf das einzige noch messbare Kriterium zurück: den billigsten Preis.
Somit schützt der Konsumentenschutz nicht nur die Endverbraucher, sondern gewissermaßen auch den Markt vor sich selbst. Wenn Schein und Sein nicht zu weit auseinanderklaffen, können die Konsumenten fundierte Entscheidungen treffen und auch kleinere Unternehmen im Konkurrenzkampf mithalten. Der Kommunikation zum Kunden hin steht damit trotzdem ein weites Feld offen. Vor missglückter Kommunikation sowie den damit heraufbeschworenen Erwartungen und Assoziationen bewahren einen die Leitplanken des Konsumentenschutzes allerdings auch nicht.
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