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Montag, 29. April 2024
Editor's ChoiceBis zu 2.700 Stellen weltweit sind potenziell von Abbau oder Verlagerung betroffen

„Miele startet weltweites Effizienzprogramm“

Hausgeräte | Stefanie Bruckbauer | 06.02.2024 | | 14  Unternehmen
Soeben kam die erwartete Aussendung von Miele. Demnach habe den weltweiten Einbruch der Nachfrage nach Hausgeräten sowie die drastischen Preissteigerungen auf der Kostenseite auch die Miele Gruppe zu spüren bekommen. Um langfristig gegenzusteuern, wurde ein umfassendes Programm „zur weiteren Verbesserung der Strukturen, Prozesse und Kostenpositionen“ gestartet, wie geschrieben wird. Eine Folge ist die „substanzielle Senkung der Personalkosten“, soll heißen: Weltweit könnten bis zu 2.700 Stellen entfallen oder von Verlagerung betroffen sein. Zudem sollen in Stufen bis 2027 fast alle Waschmaschinen für den Haushalt im polnischen Ksawerów montiert werden.

In den letzten Tagen wurde schon viel über gravierende Veränderungen bei Miele gemunkelt (elektro.at berichtete), nun gab die deutsche Miele Geschäftsleitung folgendes bekannt: „Nach drei wachstumsstarken Jahren in Folge verzeichnet die Hausgerätebranche als Ganzes für das Jahr 2023 ein weltweit rückläufiges Geschäft. Neben dem Ende der coronabedingten Sonderkonjunktur haben sich hier vor allem die wirtschaftlichen Folgen des Ukrainekriegs ausgewirkt. Und anders als bei früheren Abkühlungen der Märkte macht sich dies besonders im Premiumsegment bemerkbar. In diesem Umfeld ist der vorläufige Umsatz der Miele Gruppe um etwa 9 Prozent zurückgegangen; bei den verkauften Stückzahlen beträgt der Rückstand zum Vorjahr etwa das Doppelte. Anzeichen für eine baldige Erholung der Märkte sind nicht in Sicht. Gleichzeitig sorgt die hohe Inflation für deutlich höhere Kosten auf der Beschaffungsseite, etwa für Material und Energie, sowie bei den Tarifentgelten.“

Nachhaltige Veränderung

„Was wir derzeit erleben, ist keine vorübergehende Konjunkturdelle, sondern eine nachhaltige Veränderung der für uns relevanten Rahmenbedingungen, auf die wir uns einstellen müssen“, so die Geschäftsleitung der Miele Gruppe heute in einer internen Information an die Mitarbeiter. Deshalb werde man „schnell und entschlossen handeln“, um aus dieser herausfordernden Situation gestärkt hervorzugehen. Den Rahmen hierfür liefere eine konzernweite Kosten- und Effizienzinitiative mit der Bezeichnung „Miele Performance Program“, gerichtet auf die Strukturen, Prozesse und Kostenpositionen in allen Bereichen. Zur „nachhaltigen Sicherung der Wirtschaftlichkeit“ soll bis 2026 ein zusätzlicher finanzieller Handlungsspielraum von ca. 500 Mio. Euro erschlossen werden, davon mehr als zwei Drittel durch Verbesserungen auf der Umsatzseite sowie Reduktion bei den Material- und Sachkosten.

„Notwendige Reaktion auf veränderte Marktbedingungen“

Und auch bei den Personalkosten müssen deutliche Einsparungen erreicht werden, dies „nachdem in den wachstumsstarken Jahren seit 2019 in erheblichem Umfang Kompetenzen und Kapazitäten zusätzlich aufgebaut wurden“, wie Miele sagt. „Der veränderten Marktlage folgend, sind nun jedoch Anpassungen unausweichlich. Davon sind nach derzeitiger Planung weltweit bis zu 2.000 Stellen potenziell betroffen, und dies vorwiegend in den sogenannten „indirekten Bereichen“, also „nicht an den Produktionsmaschinen und Montagelinien“.

Verlagerung nach Polen unausweichlich

Zudem seien erhebliche Anstrengungen notwendig, um die Wäschepflege bei Miele, die sich in einem „scharfen und stark preisgetriebenen Wettbewerb“ befindet, wieder auf eine wirtschaftlich tragfähige Basis zu stellen. Miele sagt: „Hierfür arbeitet die Business Unit Laundry an einer noch kundenorientierteren Produktstrategie, einer schlagkräftigeren Vermarktung und der Reduzierung von Komplexität. Darüber hinaus ist es nach dem derzeitigen Stand der Planungen aus Kostengründen jedoch unvermeidbar, weitere Teile der Gütersloher Waschmaschinenproduktion sowie produktionsnaher Bereiche in das Miele-Werk im polnischen Ksawerów zu verlagern.“

Fast alle Waschmaschinen für den Haushalt sollen in Ksawerów montiert werden

Vorbehaltlich der Verhandlungen mit den Arbeitnehmervertretungen sei nunmehr geplant, dass „in Stufen bis 2027 fast alle Waschmaschinen für den Haushalt in Ksawerów montiert werden“. Insgesamt würden im Werk Gütersloh dadurch etwa 700 Stellen schrittweise entfallen. Die übrigen Teile der dortigen Geräteproduktion wie Presswerk, Gießerei oder Bearbeitung der gegossenen Teile wären davon nicht erfasst, sondern verblieben bis auf Weiteres in Gütersloh. Dies gilt auch für die Montage der Waschtrockner und der Kleingewerbemaschinen.

2.700 von derzeit etwa 23.000 Stellen betroffen – Stellenkürzungen so sozialverträglich wie möglich

Rechnet man die beschriebenen Maßnahmen zusammen, wären demnach potenziell 2.700 von derzeit etwa 23.000 Stellen betroffen. „Das sind schwerwiegende Schritte, und uns ist sehr bewusst, dass dies viele Kolleginnen und Kollegen hart treffen wird“, sagt die Geschäftsleitung weiter. Doch nur so werde es gelingen, Miele in eine erfolgreiche Zukunft zu führen – „als starkes und unabhängiges Familienunternehmen mit konsequenter Premiumausrichtung sowie der notwendigen Ertragskraft in allen Bereichen“.

Welche Bereiche in welchem Umfang von personellen Einschnitten betroffen sein können, steht noch nicht fest, da die Details hierzu in den kommenden Monaten weiter auszuarbeiten und mit den Sozialpartnern zu verhandeln sind. „Der potenzielle Stellenabbau in der genannten Höhe bedeutet aber nicht, dass auch nur annähernd so viele Kündigungen zu erwarten sind“, so die Geschäftsleitung und: „Miele wäre nicht Miele, wenn der jetzt bevorstehende Umbau nicht so sozialverträglich wie möglich und in enger Abstimmung mit den Arbeitnehmervertretungen gestaltet würde.“ Wie angekündigt, setze man dabei auch auf einen konstruktiven Dialog mit der IG Metall.

Strategische Investitionen für Innovation und Wachstum

Im Jahr des 125-jährigen Bestehens ist ein weiteres erklärtes Ziel, die Zeichen wieder auf Wachstum zu stellen. „Hierfür kann Miele auf seine starke Marke bauen, auf einen in der Branche einzigartigen Premium- und Qualitätsanspruch, begeisternde Produkte und engagierte und kreative Teams in 50 Ländern. Außerdem sind wir ein Familienunternehmen, das nicht in Quartalen denkt, sondern in Generationen“, bekräftigt die Geschäftsleitung in ihrem Ausblick auf die kommenden Jahre. Demgemäß investiere Miele konsequent weiter in seine strategisch wichtigen Projekte. Aktuelle Beispiele sind etwa die Entwicklung der neuen Produktgenerationen, der Bau eines zusätzlichen Werkes in den USA, die vollständige Übernahme des Grillspezialisten Otto Wilde – und das angestrebte Joint Venture mit der Metall Zug AG zur Stärkung der Medizintechnik bei Miele.

Statement von Österreich GF Sandra Kolleth

Miele Österreich GF Sandra Kolleth sagt gegenüber elektro.at: „Gemäß dem Miele Performance Program stehen weltweit 2.000 Stellen weitestgehend in sogenannten indirekten Bereichen (keine Produktion-/Montagetätigkeiten) zur Disposition. Detaillierte Aussagen zu den betroffenen Bereichen können erst in den kommenden Monaten getroffen werden.

Wie angekündigt, stehen keine Produktionsstandorte zur Disposition. Zulieferwerke wie Bürmoos werden weiter Teile für andere Produktionsstandorte im Miele-Verbund liefern. Miele hält weiterhin daran fest, seine Kundinnen und Kunden in nahezu 50 Ländergesellschaften mit Premium-Produkten und Services in gewohnt exzellenter Qualität zu versorgen.“

Medien in Deutschland berichten über Kritik seitens der Gewerkschaft

Laut deutscher Tagesschau äußerte die Gewerkschaft IG Metall Kritik an den Plänen von Miele. „Zwar sei die Marktsituation für Miele derzeit angespannt. Nach den Rekordjahren 2020 bis 2022 gebe es aber keinen Grund, beim ersten Gegenwind zu solchen Maßnahmen zu greifen“, wird die Gewerkschaft zitiert.

Zitiert wird auch der nordrhein-westfälische Bezirksleiter Knut Giesler: „Das Unternehmen rücke von seinem Markenversprechen ab und setze jetzt offenbar auf billiger statt besser.“

Und die Tagesschau schreibt weiter: „Während der Corona-Pandemie hatte das Unternehmen von einer starken Nachfrage nach Haushaltsgeräten profitiert. 2022 war der Umsatz um 12,2 Prozent auf 5,43 Milliarden Euro gestiegen, so viel wie noch nie in der Firmengeschichte. Zahlen für 2023 liegen noch nicht vor.“

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Kommentare (14)

  1. Lieber leidenschaftlicher Medianer! Was den von mir erwähnten Image-Schaden betrifft, habe ich mit keinem Wort eine Kausalität zu Fabrikationen im Ausland hergestellt. Ich bezog mich in meinem – zumindest denkbaren – Vergleich zum Status quo bei Miele auf den unseligen López-Effekt in der Auto-Industrie, dem nicht nur Massenentlassungen vorausgingen, sondern auch ein wachsender Preisdruck auf die Zulieferer. Dieser führte schließlich zu den damaligen Qualitätseinbußen, die vor allem beim Opel Astra und VW Golf III für massive Rostprobleme sorgten. Auch Miele ist auf der Suche nach neuen Lieferanten und wünscht sich von diesen (unter anderem!) „weiterhin Impulse zu kostensenkenden Maßnahmen“. Das ist zwar mehr als legitim, kann aber bei allzu ambitionierten Einsparungen auch zur Gratwanderung ausarten. Siehe oben.

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  2. Miele Produkte kommen schon seit Jahrzehnten auch aus China und anderen Ländern. Wenn die Entwicklung und die Produktionsstraßen stimmig sind, ist es doch gleich ob der polnische Fertigungsarbeiter in Gütersloh am Band steht oder in seiner Heimat. Auch die Staubsauger-Produktionsstraßen in Asien fertigen Produkte der Spitzenklasse. Den von Werner R. Deutsch beschriebenen Imageschaden sehe ich nicht nachhaltig auf Miele zukommen. Denken wir an die Automobilindustrie, da werden auch Werke in der ganzen Welt akzeptiert. Der wichtigste Punkt wird sicher Forschung, Haltbarkeit und Imagepflege der Marke sein.

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    1. Das sehe ich bei Waschmaschinen nicht so, denn dies ist die absolute Kernkompetenz von Miele und darauf baut eigentlich alles auf, selbst im Marketing. Wenn diese Produktion nicht mehr in Deutschland erfolgt, dann kann dies beim 08/15 Konsumenten der Medien konsumiert, sehr wohl einen Einfluss auf das Kaufverhalten haben. Andere Unternehmen haben ebenfalls keine schlechte Ideen und dieses im Konsumenten eingeübte Merkmal der Produktion in Deutschland und damit beste Qualität, wird eben durch eine Produktion in einem anderen Land entsprechend entkräftet. Unerheblich ob das nun stimmte oder nicht, im Konsumenten wurde es verankert. Warum also sollte jemand wirklich für ein Produkt, dass seit Gründung in Deutschland gefertigt wird, Jahrzehnte damit geworben hat weiterhin freiwillig diese absurden Preise von Miele bezahlen wenn die Fertigung in Polen passiert? Wäre ich einer der Hersteller von Waschmaschinen, dann würde ich genau da ansetzen, selbst wenn meine eigenen Maschinen von Polen kommen, die Frage wird sein ob das die anderen so schnallen und umsetzen möchten. Miele wird es mit den Fantasiepreisen sowieso viel schwerer am Markt haben als andere, denn die Leute sind viel sensibler bei Kaufentscheidungen geworden und gerade jetzt bei schnelllebiger Technologie braucht eigentlich keiner eine Maschine die 20 Jahre hält, wahrscheinlich mit Reparaturen, denn das Gerät ist dann in allen Belangen wie Strom-/Wasserverbrauch und Softwareanbindung hoffnungslos veraltet. Lieber die Hälfte ausgeben und dafür immer eine aktuellere und sparsamere Version haben. So denken in der Zwischenzeit viele und das ist nicht mehr umkehrbar, eine andere Generation mit anderen Werten. Sie haben halt die typische Sichtweise eines Medianers, wo Triple A Marken sowieso eher schwer zu verkaufen sind, ist schon in Ordnung so. Aus China kommen rein die Staubsauger, joint venture.

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  3. Ich bin zwar überzeugt, dass die polnischen Miele-Mitarbeiter Top-Arbeit abliefern werden, die Image-Delle im Heimmarkt ist trotzdem gewaltig.

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  4. Einfach mal ein bisschen vom hohen Ross heruntersteigen, die horrend hohen Ersatzteilpreise senken, die Produktion ja nicht in den ehemaligen Ostblock verschieben und das Rad dreht sich wieder und der Laden läuft wie geschmiert wie in den letzten 125 Jahren.

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  5. Mich erinnern die McKinsey-Sparmaßnahmen bei Miele fatal an den einstigen López-Effekt in der Automobilbranche, durch den namhafte Marken wie Opel und Volkswagen einen beispiellosen Image-Schaden erfuhren. Zurückzuführen auf Tausende von Mitarbeiterkündigungen und enorme Qualitätseinbußen bei den Produkten, die José Ignacio López de Arriortúa zu verantworten hatte – und natürlich jene Firmenchefs, die dem spanischen Top(?)-Manager blind vertrauten. Sollte es den McKinsey-Wunderwuzzis also nicht gelingen, eines der jahrzehntelang erfolgreichsten Familienunternehmen Deutschlands in den Abgrund zu führen, könnte sich Miele ja noch eines „effizienten“ Sanierers wie René Benko bedienen. Dem Vernehmen nach soll der Typ derzeit über eine Menge Freizeit verfügen…

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  6. Dem gibt es nichts hinzuzufügen. Befürchte auch dass mittel- bis langfristig alle ( außer Fam. Miele, Zinkann und Fa McKinsey ) durch die Finger schauen. Schade um so eine tolle Firma/Marke

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  7. Mich wundert das leider noch immer nicht (siehe Kommentar vom 28. November 2023). Eigentlich ein Klassiker…
    Langsam sieht es so aus, als hätte ich etwas gegen Miele, doch so ist das nicht, ich mag nur die großen Beraterfirmen nicht und Manager, die denen blind vertrauen, oder ihnen aus Feigheit Entscheidungen überlassen.
    Ein Familienunternehmen, das in einer 125 jährigen Geschichte sehr viel richtig gemacht hat, bis sie vor ein paar Jahren die tollen Berater ins Haus geholt haben (Handelsblatt am 11.2.2019 im Interview mit Markus Miele „Miele holt McKinsey ins Haus – ´Ängste sind unbegründet´“)
    Seither sind Kunden- und Mitarbeiter-Zufriedenheit gesunken, von der Qualität hört man auch tendenziell nichts Gutes… und glaubt wirklich jemand im Ernst: Wenn man Ersatzteilpreise erhöht, bis sich eine Reparatur nicht mehr rentiert und die Leute sich ein neues Gerät kaufen müssen, dass sie dann bei der Marke bleiben?
    Nochmal: Blinde Kostenreduktion, geringere Qualität, Umgehung des Fachhandels, etc sind keine Lösungen. Meistens handelt es sich um kurzfristige Schein-Verbesserungen oder schnell verpuffende Einmaleffekte.
    Aufgrund des relativ langen Lebenszyklus der betroffenen Produkte wird sich diese Spirale noch weiter nach unten drehen, bis sie auch dem letzten klar wird.
    Wenn ich schon in der Überschrift das Wort „Effizienzprogramm“ lese, bekomme ich Ausschlag.
    Natürlich ist es „effizienter“, Qualität, Langlebigkeit, Mitarbeiter- & Kundenzufriedenheit, etc zu reduzieren – aber es ist nicht „effektiv“. Es hat langfristig keinen Nutzen. Leute lernt Mal den Unterschied. Wäre interessant zu wissen, wieviel Miele den Beratern in den letzten Jahren überwiesen hat. Mit diesem Betrag hätte man wesetlich sinnvollere Dinge machen können.
    Wer bei einer Premium-Marke auf die Lohnkostendifferenz zwischen Deutschland und Polen angewiesen ist, hat seine Hausaufgaben nicht gemacht oder ist gierig. Es geht auch anders.

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    1. Dem gibt es nichts hinzuzufügen. Befürchte auch dass mittel- bis langfristig alle ( außer Fam. Miele, Zinkann und Fa McKinsey ) durch die Finger schauen. Schade um so eine tolle Firma/Marke

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  8. Das nahe Ende ist eingeläutet. Wer mit Waschmaschine jenseits der 1.000 Euro kein Geld verdient, hat auch keine wirtschaftliche Daseinsberechtigung. Schuld ist natürlich die Konjunktur, Covid und der Ukraine Krieg, denn an Arroganz und Management Fehlern wird es nicht liegen dass die Marktanteile so stark rückläufig sind …

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    1. War zu erwarten, dass es nicht lange dauert, bis der Erste unreflektiert Miele die Daseinsberechtigung abspricht.
      Ich empfehle sich 30 Minuten Zeit zu nehmen, um die Herausforderung deutscher Industrieunternehmen (branchenübergreifend) zu studieren.

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