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Samstag, 27. April 2024
Kommentar E&W 3 / 2024

Auf dünnem Eis

Stefanie Bruckbauer | 10.03.2024 | Bilder | | 9  Meinung
Viele Händler sind mit dem Verhalten einiger Industriepartner nicht zufrieden und manch einer stellt sich jetzt auf die Hinterbeine. Aber auch die Industrie spart nicht mit Kritik an ihren Handelspartnern. Die Beziehung wird zusehends schwierig und ich befürchte, dass die Spannungen in einen Machtkampf ausarten könnten.

Auf der KOOP in Berlin, der Gemeinschaftsmesse von Expert und Euronics Deutschland, ließ Expert Deutschland mit der Ankündigung aufhorchen, die Zusammenarbeit mit Dyson (in Deutschland) zu beenden. Von Handelsseite kam Applaus, weil ein Händlerverbund „endlich Konsequenzen aus dem Verhalten mancher Industriepartner zieht“. Die Beziehung zwischen Fachhandel und Industrie bewegt sich zusehends auf dünnem Eis. Beide Seiten sprechen über den jeweils anderen hinter vorgehaltener Hand nicht immer positiv. Man redet lieber übereinander als miteinander, und das führt in der Konsequenz (nicht wirklich überraschend) dazu, dass Missverständnisse entstehen, (oft unwissentlich) Unwahrheiten verbreitet werden und die Stimmung / Beziehung immer noch schwieriger wird.

Beide Seiten werfen einander unterschiedliche Dinge vor. Den Händlern wird vorgeworfen, sich immer mehr vor Beratungs- und Serviceleistungen zu scheuen, Produkte bloß in die Regale zu stellen und darauf zu warten, dass Endkunden von selbst hingreifen, sich nicht weiterzuentwickeln und „nur zu jammern“, aber nicht proaktiv zu „handeln“. Der Industrie wird vorgeworfen, „die Großen“ zu bevorzugen, die Margen immer weiter zu reduzieren, die Ansprüche an den Verkauf im Gegenzug aber immer weiter zu erhöhen. Der größte Vorwurf an die Industrie lautet allerdings, sich direkt an die Konsumenten zu wenden und den FH damit zu umgehen, wobei es den Händlern erst dann so richtig sauer aufstößt,  wenn sie auf die echten Innovationen gar keinen Zugriff mehr haben, sondern lediglich dabei zusehen können, wie diese von ihren Herstellern direkt an die Endkunden verkauft werden. Und zusehends stellt sich der Handel auf die Beine. Er sagt: „SO machen wir nicht mehr weiter: Man kürzt uns die Margen, nimmt uns die Kunden weg, behandelt uns nicht gut und teils respektlos.“ Das treffe natürlich nicht auf alle Hersteller zu, aber auf einige große, namhafte, die „den Fachhandel seit einiger Zeit mit Füßen treten“, lautet der Vorwurf. Und so wird auf Handelsseite der Ruf nach Marken laut, die gute („das Überleben sichernde“) Margen zusichern, mit denen keine Preiskämpfe ausgefochten werden müssen und „geordnet verkauft“ werden kann; Marken, bei denen der Handel auch im Nachgang Dienstleistungs- und Serviceleistungen erbringen darf und Marken, von deren Herstellern die Händler nicht „permanent untergraben“ werden.

Der Markt hat sich stark verändert. Letztens führte ich ein Gespräch mit zwei Händlern, wobei der eine meinte: „Der Job der Geschäftsführer auf Industrieseite ist nicht mehr darauf ausgelegt, gute Beziehungen zu den Handelspartnern aufzubauen. Der Job der Geschäftsführer dreht sich heute einfach nur mehr darum Marktanteile zu sichern.“ Der andere Händler erklärte: „Den klassischen Lieferanten gibt es nicht mehr, denn dieser hat seinen Tätigkeitsbereich verlassen“. Soll heißen: „Früher war die Tätigkeit eines Lieferanten, Ware in den Handel zu liefern, damit dieser den Markt bedienen kann. Der Handel hatte die Kunden und somit das Sagen, und er suchte sich aus, welche Ware er auf Lager legt.“ Der Handel möchte auch heute entscheiden können, was er verkauft – und dieser Wunsch ist meines Erachtens auch legitim. Ich verstehe aber ebenso die Industrie, die natürlich (mit)bestimmen möchte, was mit ihren Produkten passiert, wie diese präsentiert und verkauft werden.

Ich fände es schade, wenn es zu einem Machtkampf ausartet, denn eines ist immer noch fix: Wir sind EINE Branche und wir arbeiten für dasselbe Ziel: die Endkunden mit innovativen Geräten und gutem Service zufriedenzustellen. Es gibt genug gemeinsame Feinde – ob chinesische Billiganbieter, wahnsinnige Kriegstreiber oder allmächtige US-Onlineriesen. Gegen DIE sollte man sich gemeinsam rüsten, denn die Bedingungen werden auf absehbare Zeit nicht einfacher – eher das Gegenteil wird der Fall sein. Da wäre es doch besser, auf der selben Seite zu stehen und sich nicht gegenseitig zu schwächen – oder?

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Kommentare (9)

  1. Bestenfalls verkommt der Händler von vielen Lieferanten nur mehr zu einem Balken auf einer Excelliste.
    Hauptsächlich geht es darum, „was ist gegenüber dem Vorjahr. “ Die Reisenden werden immer mehr ausgedüngt
    und regelmäßige Besuche gehören der Vergangenheit an. Der Innendienst ist sehr oft krotenschlecht,
    aber wozu jammern. Bei dem Geschäft tut es sehr gut sich noch um die Anliegen unserer Kunden anzunehmen,
    das Persönliche, das gibt einem viel Kraft.

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  2. Problematisch sehe ich auch dass die Kooperationen bei den Industrien keine Gewichtung mehr haben – Sie können unsere Interessen als Händler kaum vertreten bzw. durchsetzen. Wenn sich die Kooperationen nicht schnell für die Zukunft aufstellen und uns als Händler einen Mehrwert (der Zukunftsorientiert ist) bieten dann sehe ich für die Kooperationen keine Daseinsberechtigung mehr.

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    1. Das sehe ich ganz anders die Kooperationen sind nur ein Abbild ihrer Mitglieder und solange die nicht bereit sind sich zu ändern können die Zentralen sich den Mund fusselig reden und Euros in Projekten versenken wo am Ende eh wieder kein mitzieht , anscheinend gehts uns Händlern gar nicht so schlecht wie wir immer tun , Hauptsache raunzen , typisch Österreichisch oder ?

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      1. Nein da bin ich nicht ihrer Meinung.
        Die Frage die ich stelle ist – Welchen Mehrwert bietet mir in Zukunft eine Kooperation?
        Werbung funktionert kaum mehr, Online Shops der Kooperationen gehen extrem schlecht.
        Kooperationen schaffen es nicht mehr uns vor der Industrie gut zu vertreten. Teilweise haben wir Händler bei der Industrie bessere Einkaufspreise als die Kooperation – wie kann das sein?

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        1. Warum gehen die online Shops nicht ? Weil sie großteils UVP Shops sind ?! Würde man sich am Marktpreis orientieren wäre der Aufschrei auch riesig weil die Spanne zu gering ist , bei den Werbungen ist es ziemlich das gleiche im Grunde , ich als Händler habe immer noch die Möglichkeit mit den Industriepartnern zu reden die das auch wollen und mich unterstützen Kopp hin oder her , die anderen finden einfach wenig Platz in meinem Sortiment
          Und einen Dyson mit Spanne kann Selbstbedienung beste Kooperation nicht aus dem Hit zaubern ( nur ein Beispiel , zum Thema vertreten bei der Industrie ) aber ICH sehe im Moment immer noch mehr Positives als Negatives bei den Kooperationen egal welche es dann ist

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      2. An was denken Sie denn was wir Händler ändern müssen?
        Welche großartigen Projeke meinen Sie? Ich kann mich an keine erinnern – zumindest an keine die uns als Händler was gebracht hätten.

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      1. Bis auf ganz ganz wenige Ausnahmen kann man hier jedweden Lieferanten/Hersteller in der Braunware einsetzen.
        Mal ist der Außendienst brauchbar, aber alles dahinter eine Katastrophe, mal ist es umgekehrt, oft ist beides eine Vorgabe.

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