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Montag, 29. April 2024
Hotspot Kreditversicherung: Der Lieferant als Bank

Reitler: „Da gibt es wilde Beispiele“

Hintergrund | Dominik Schebach | 06.02.2013 | |  Archiv
Information ist das Um und Auf, ist TFK-Chef Franz Reitler überzeugt: „Ansonsten passiert es, dass Händler die expandieren, einen neuen Shop aufmachen und eigentlich gut drauf sind, plötzlich nicht mehr versichert sind, weil sie zwar mehr Ware einkau Information ist das Um und Auf, ist TFK-Chef Franz Reitler überzeugt: „Ansonsten passiert es, dass Händler die expandieren, einen neuen Shop aufmachen und eigentlich gut drauf sind, plötzlich nicht mehr versichert sind, weil sie zwar mehr Ware einkau

As Geschäftsführer des Telekom-Distributors TFK lebt er tagtäglich mit dem Thema Kreditversicherung. Franz Reitler ist der Meinung, dass sich der Fachhandel mit der richtigen Informationspolitik gegenüber den Kreditversicherern oft das Leben einfacher machen kann.

E&W: Welche Rolle spielen Ihrer Ansicht nach heute die Kreditversicherer für den Fachhandel?

Franz Reitler: Kreditversicherungen sind für uns ein Thema, mit dem wir tagtäglich leben. Allerdings stellen wir immer wieder fest, dass im Fachhandel das Wissen über diese Branche mangelhaft ist. Heute sollte allerdings jeder Unternehmer wissen, wie diese Branche funktioniert.

Das Problem ist, dass wir die Bank für den Fachhandel sind. Das haben viele noch nicht verstanden. Benötige ich von der Bank einen Kredit, dann will diese Sicherheiten, einen Businessplan usw. Genauso verhält es sich mit den Kreditversicherern. Damit ich eine Versicherung bekomme, sollte der Händler die Kreditversicherer regelmäßig informieren.

E&W: Wo sind die großen Informationsdefizite?

Reitler: Der Handel tut daher gut daran, seine Informationspolitik so zu gestalten, dass die Versicherer sein Geschäft auch verstehen. Die Mobilfunkbranche ist da sicher ein Extrembeispiel: Da kann es vorkommen, dass der Händler für 100.000 Euro Handys einkauft, diese allerdings für ,0 Euro’ verkauft, irgendwo verzeichnet er dann zwar einen Eingang von seinem Netzbetreiber, aber die Bank oder der Versicherer sieht nur, dass der Händler keinen Umsatz macht. Durch diese Fehlinformation stellt sich die Bank die Frage, warum sie diesen Händler dann überhaupt versichern soll.

Das führt immer wieder zu extremen Ergebnissen, wie sie auch bei uns passierten. Vor Weihnachten konnten wir deswegen einige Händler mit steigenden Umsätzen nicht mehr beliefern bzw mussten Rechnungen fällig stellen, weil diese Händler an ihr Limit kamen.

Meiner Meinung nach müssten die Händler eigentlich ihren Daten halb- oder vierteljährlich an die Kreditversicherer melden, am besten mit einem Kommentar, damit diese den Händler auch beurteilen können. Ansonsten passiert es, dass Händler die expandieren, einen neuen Shop aufmachen und eigentlich gut drauf sind, plötzlich nicht mehr versichert sind, weil sie zwar mehr Ware einkaufen, aber der Umsatz noch nicht hinaufgegangen ist. Das bringt immer wieder ordentlich Probleme. Wir diskutieren deswegen sehr oft mit unseren Partnern im EFH über dieses Thema.

E&W: Man hat aber oft den Eindruck, dass das Problem heute schärfer ist …

Reitler: Es hat sich natürlich in den vergangenen Jahren einiges geändert. Die Kriterien der Versicherer sind heute andere als noch vor einigen Jahren. Es gibt spezielle Parameter im Handel, die auch die Versicherer nicht genau durchschauen. Deswegen kommt es dann oft zu Entscheidungen, die zum Nachteil des Handels sind.

Wir selbst halten uns natürlich auch an die Regel. Unsere Hausversicherung erhält monatliche Berichte, andere einmal im Quartal. Besonders interessant ist dabei immer, wenn sich etwas Größeres ändert. Wenn sich etwas Spezielles tut, dann wollen die Versicherer auch etwas darüber wissen. Dann ist eine Erklärung sinnvoll. Weihnachten ist so ein klassischer Fall. Da geht unserer Lager oft schon einige Monate vorher hinauf, die Umsätze erfolgen aber erst im Dezember. Ein anderer Fall ist, wenn es zu größeren Veränderungen wie Expansion, eine Verschiebung in der Eigentümerstruktur und damit verbunden einem gesunkenen Eigenkapital oder einer Verlagerungen bei den Lieferanten kommt. Dann muss ich den Versicherern etwas erzählen. Vieles können sie sich so oder so zusammenreimen, aber eine Erklärung ist immer sinnvoll. Denn die Versicherer sollen nie das Gefühl bekommen, dass die Posten draußen haben, die nicht gedeckt sind.

Und die regelmäßige Information der Kreditversicherer hat einen doppelten Effekt: Die Versicherer sorgen sich nicht und ich dokumentiere auch meine positive Einstellung. Damit kann ich mein Kreditlimit unter Umständen um ein Vielfaches erhöhen.

E&W: Wen betreffen die gekürzten Limits am meisten?

Reitler: Wir reden hier nicht von Händlern, die gute KSV-Ratings haben, aber nur für 5.000 Euro im Monat bestellen. Für die benötige ich keine Auskunft. Natürlich ist ein gutes KSV-Rating für die Händler wichtig, aber in erster Linie entscheidet das für mich die Frage, beliefere ich einen neuen Kunden auf Rechnung oder auf Nachnahme – also gar nicht.

Wir als Disti haben ein Problem, wenn Händler mit Umsätzen in zweistelliger Millionenhöhe und einem gut laufen Geschäft, wegen seiner knappen Eigenkapitaldecke plötzlich ein schlechtes Rating bekommt und deswegen nicht mehr versichert ist. Solche Fälle haben wir öfters und da gibt es wilde Beispiele: So hatte einer unserer FH-Kunden seinen Partner ausgezahlt, wodurch sich das Eigenkapital halbierte. Die Kreditversicherer hatten nur die Zahlen gesehen und das Rating deswegen auf 0 gesetzt. Wenn wir das nicht gewusst hätten, hätte das das Ende des betroffenen Unternehmens sein können.

Manchmal sind die nackten Zahlen eine Katastrophe. Dann helfen oft schon ein paar Zeilen zur Erklärung und die Welt sieht schon ganz anders aus. Leider fehlt da das Bewusstsein. Bisher hat jeder aus Angst vor der Finanz möglichst wenig über sein Unternehmen erzählt. Aber eigentlich tut man sich damit nichts Gutes. Vor allem Händler mit niedrigen Limits erschweren sich das Leben.

Wenn einer schlechte Zahlen hat, dann verstehe ich, dass er nichts melden will. Aber wenn die Zahlen gut sind, dann ist das kontraproduktiv. Denn woher sollen wir und der Kreditapparat das wissen. Vielleicht tue ich dem Händler total Unrecht, weil er immer brav einkauft. Aber wenn der Kreditapparat keine Daten bekommt, tue ich mir auch schwer. Wenn dagegen die Bewertung positiv ist, dann kann ich selbst flexibler sein. Hören wir ausschließlich negative Informationen oder gar nichts, dann können wir den Partner auch nicht großzügig bedienen.

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