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Freitag, 26. April 2024
„International Repair Day“ am 19. Oktober 2019

Elektrogeräte selbst reparieren – Erfolg und Misserfolg

Hintergrund | Stefanie Bruckbauer | 17.10.2019 | | 2  Branche
„Reparatur soll so wieder zu einer gängigen Praxis von allen für alle werden“, so die Forderung von Matthias Neitsch, Geschäftsführer von RepaNet, dem Netzwerk für Re-Use und Reparatur in Österreich. „Reparatur soll so wieder zu einer gängigen Praxis von allen für alle werden“, so die Forderung von Matthias Neitsch, Geschäftsführer von RepaNet, dem Netzwerk für Re-Use und Reparatur in Österreich. Am 19. Oktober ist der „International Repair Day“. Mit diesem Aktionstag geht ein rundes Jubiläum einher: Die „Repair Cafés“, die als eine der erfolgreichsten zivilgesellschaftlichen Bewegungen der letzten Jahre gelten, werden zehn Jahre alt. Apropos erfolgreich – oder (noch) nicht: Die Aktion „Reparaturbonus NÖ“ läuft scheinbar eher schleppend.

Der „International Repair Day“ am 19. Oktober steht heuer im Zeichen des Reparierens für das Klima und unsere Zukunft. Matthias Neitsch, Geschäftsführer von RepaNet, dem Netzwerk für Re-Use und Reparatur in Österreich, sagt: „Heute werden Dinge viel zu oft einfach weggeworfen, wenn sie nicht mehr funktionieren. Einerseits ist hier mehr Achtsamkeit ganz generell wünschenswert, andererseits zwingt uns die Klimakrise dazu, bisherige ‚Alternativen‘ endlich zum ökologischen Mainstream zu machen. Dazu gehören Reparatur und Wiederverwendung als kreislaufwirtschaftliche Praktiken.“

Mit dem Aktionstag, der besonderes Augenmerk auf gemeinschaftliche Initiativen richten soll, geht ein rundes Jubiläum einher: Die Repair Cafés, die als eine der erfolgreichsten zivilgesellschaftlichen Bewegungen der letzten Jahre beschrieben werden, feiern zehnten Geburtstag. Am 18. Oktober 2009 fanden im ersten Repair Café in Amsterdam erstmals ehrenamtliche Reparateure mit Interessierten zusammen, um gemeinsam kaputte Haushaltsgegenstände zu reparieren. „Das Konzept ging voll auf“, wie die Initiatorin Martine Postma berichtet. Sie versammelt heute unter dem Dach ihrer „Stiftung Repair Caféknapp 2.000 Gruppen in 35 Ländern. Pro Jahr werden laut Postma über 400.000 Gegenstände repariert.

Doch die Zahl der Initiativen ist noch viel größer, da nicht alle der Stiftung angehören. Seit dem ersten österreichischen Repair Café in Salzburg vor über sechs Jahren wuchs die Bewegung hierzulande laut Schätzungen von RepaNet auf 150 Initiativen an. „Deren Aktivitäten bewirken die Einsparung von 1.110 Tonnen CO2-Äquivalenten pro Jahr und die Vermeidung von 210 Tonnen Abfall – und zwar indem an die 3.000 Freiwillige gemeinsam mit jährlich 63.000 Besuchern 46.000 Gegenstände erfolgreich reparieren“, berichtet RepaNet.

„Es ist Zeit für reparaturfreundlichere Politik“

Neben Know-How sei der Erfolg einer Reparatur von zahlreichen Faktoren abhängig, die in einem Repair Café nicht so einfach gelöst werden können, wie Neitsch sagt: „Bis es ausnahmslos durchgesetzt ist, dass Dinge reparaturfähig konstruiert werden und Hersteller der Allgemeinheit Ersatzteile zur Verfügung stellen müssen, werden wir uns auf politischer Ebene dafür einsetzen.“ Als Erfolg auf dem Weg nennt Neitsch die Überarbeitung der Ökodesign-Richtlinien für bestimmte Produktgruppen, darunter Kühlschränke und Waschmaschinen. „Anfang Oktober wurden die neuen Regelungen von der Europäischen Kommission abgesegnet und müssen innerhalb der nächsten zwei Jahre in nationales Recht umgesetzt werden. Nun nehmen wir uns der Ausweitung auf weitere Produktgruppen an. Auf Österreich-Ebene wünschen wir uns eine bundesweite Reparaturprämie, um den allgemeinen Zulauf zu Reparatur zu begünstigen. Denn ehrenamtliche Initiativen und gewerbliche Betriebe begünstigen sich gegenseitig – das wurde mittlerweile auch in einer Studie des deutschen Umweltbundesamtes nachgewiesen“, erläutert Neitsch.

Selbstbestimmt und emanzipiert

Neben dem ökologischen Aspekt sei das positive Erleben, das mit einer gelungenen Reparatur einhergeht, ganz zentral, wie Neitsch erläutert. „Es macht uns selbstbestimmt und emanzipiert von der Wegwerfgesellschaft. Die Helden der Bewegung sind allen voran die ehrenamtlichen Reparateure, die in ihrer Freizeit ihre Leidenschaft für Reparatur an Interessierte weitergeben. Es geht um gemeinsames Reparieren. Ein Repair Café ist keine Serviceleistung, sondern bietet Rat und Unterstützung zur Selbsthilfe, etwa so wie wenn man einen Freund um Hilfe beim Reparieren bittet. Reparatur soll so wieder zu einer gängigen Praxis von allen für alle werden. Dafür braucht es auch eine verstärkte Vermittlung von Reparaturkultur in Schulen – ein weiterer Wirkungsbereich unserer Organisation.“

Zuwachs

Die Bewegung freut sich über Zuwachs, wie Neitsch berichtet. „Besonders jüngere Reparateur sind eher rar und auch die Repair Café Landkarte soll noch dichter werden. Wer ein eigenes Repair Café gründen will, erhält von RepaNet Tipps und Unterstützung und ist auch zu den Vernetzungstreffen herzlich eingeladen.“

Eher schleppend

Laut Matthias Neitsch erfreut sich die Bewegung also über Zuwachs. Eine Initiative des Landes Niederösterreich, die den nachhaltigen Umgang mit Elektrogeräten fördern soll, läuft hingegen eher noch schleppend, wie die NÖN berichtet.

Unter dem Motto „Reparieren statt wegwerfen“ hat das Land Niederösterreich nämlich gemeinsam mit den NÖ Umweltverbänden und der Wirtschaftskammer Niederösterreich die Aktion „Reparaturbonus NÖ“ gestartet. Dabei gibt’s pro Haushalt bis zu 100 Euro fürs Reparieren defekter Elektrogeräte. Ziel ist es, die Anzahl durchgeführter Reparaturen zu steigern und Rahmenbedingungen für einen nachhaltigeren Umgang mit begrenzten Ressourcen zu schaffen. Mit Hilfe mit der Plattform Reparaturführer (www.reparaturfuehrer.at) soll das Auffinden von geeigneten Reparaturbetrieben erleichtert werden.

In Mödling beispielsweise scheint die Aktion allerdings noch nicht so richtig angekommen zu sein, wie Bernd Seper vom Fernsehstudio Mödling gegenüber der NÖN anmerkt. „Wir hatten bislang nur einen Kunden, der sich für den Reparaturbonus interessierte. Die Aktion läuft sehr schleppend an. Generell ist leider kein Wandel hin zu ,Reparieren statt wegwerfen’ zu bemerken“, so der Geschäftsführer gegenüber der NÖN, und: „Auf der Deponie türmen sich die kaputten Geräte. Grund dafür ist der oftmals günstige Preis der Neugeräte“. Peter Dill von PDE Elektronik in Laxenburg wird wie folgt zitiert: „Da sich noch niemand bei mir deswegen gemeldet hat, habe ich mich mit dem Ablauf auch noch nicht näher beschäftigt.“ Auch Rupert Rief von „Rief Electronic Service“ in Biedermannsdorf wurde zum Thema befragt. Er befürwortet die Aktion laut eigenen Angaben generell, konnte selbst aber auch noch nicht vom Reparaturbonus NÖ profitieren. Er sagt: „Dass der traditionelle Handel auch Reparaturen durchführt, wissen viele Konsumenten gar nicht.“ Und: „Umweltbewusste Kunden suchen verzweifelt nach Alternativen zum Neukauf. Leider glaubt der Großteil, es wird sowieso alles weggeschmissen und kaufen daher immer noch alles neu.“

Um Förderung ansuchen können Endkonsumenten per Internet-Anmeldeformular. Wichtig dabei: Der Betrieb muss auf der Seite „Reparaturführer“ gelistet sein und es können nur haushaltsübliche Elektrogeräte gefördert werden.

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Kommentare (2)

  1. Um einige Schrauben einzusparen werden leider immer noch Geräte gebaut bei denen eine allfällige Reparatur dadurch doppelt so lange dauert.

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