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Samstag, 27. April 2024
Kommentar: Mitarbeiter als Unternehmensbotschafter

Theorie und Praxis

Über den Rand | Stefanie Bruckbauer | 03.11.2019 | | 2  Menschen
Scheinbar sind sich nicht alle der Tragweite der Tatsache bewusst, dass man in vielen Situationen das Gesicht seines Arbeitgebers ist, vor allem wenn man in einem gebrandeten Dienstauto herumfährt. (Bild: www.helenesouza.com/ pixelio.de) Scheinbar sind sich nicht alle der Tragweite der Tatsache bewusst, dass man in vielen Situationen das Gesicht seines Arbeitgebers ist, vor allem wenn man in einem gebrandeten Dienstauto herumfährt. (Bild: www.helenesouza.com/ pixelio.de) Als therapeutisches Mittel zum Zweck eine für mich unfassbare Begebenheit (tatsächlich eine Frechheit) verarbeiten zu können, erzähle ich Ihnen hier davon. Im Zuge dessen wird mir klar, dass die meisten von uns in der gleichen Situation stecken, dass wir oft eine Rolle spielen, derer wir uns viel stärker bewusst werden sollten.

Unternehmen werden seit jeher von ihren Mitarbeitern repräsentiert. Durch deren Verhalten und Auftreten. Das gilt für sämtliche Berufsbilder und Abteilungen und vor allem für Verkauf, Service und Vertrieb. „Der beste Weg, um ein Unternehmen sympathisch und versiert dastehen zu lassen, geht ganz klar über die Mitarbeiter“, sagen Experten. Neben dem fachlichen Know-how sei es vor allem auch die menschliche, die emotionale Komponente, die ein Unternehmen letztlich ausmachen und definieren – auch außerhalb der Arbeit. „Mitarbeiter verleihen ihrem Unternehmen ein Gesicht und verlagern die Kommunikation auf eine emotionale Ebene“, heißt es.

Soweit die Theorie. Letztens erlebte ich die Praxis. Soll heißen, letztens wurde mir klar, dass man in vielen Situationen so viel mehr ist, als das was auf der Visitenkarte steht, dass man ein Unternehmen nämlich tatsächlich auch draußen in der Welt repräsentiert – ob man will oder nicht. „Mitarbeiter als Unternehmensbotschafter sind glaubhaft und äußerst authentisch“, sagt die Fachliteratur. „Vor allem wenn sie dir den Mittelfinger entgegenstrecken“, sage ich. Warum? Das erzähle ich Ihnen jetzt:

Letztens wollte ich auf einer stark befahrenen Straße nach links in einen großen Parkplatz abbiegen. Vor mir ein Klein-LKW mit prominent platziertem Firmenlogo, der das gleiche vorhatte. Er wartete eine Lücke im (sehr starken) Gegenverkehr ab und bog links ab. Die Gegenverkehrslücke war etwas größer, also ich hinterher. Doch ich kam nicht weit, denn der Klein-LKW blieb knapp hinter der Parkplatzeinfahrt stehen, sodass ich nur zur Hälfte in die Einfahrt konnte und meine hintere Hälfte auf die Straße ragte. Ich hörte schon die ersten nervösen Huptöne jener Autofahrer, die durch meinen Hintern behindert nicht ungestört weiterfahren konnten. Ich hob entschuldigend die Hand, gab meinem Vordermann entspannt die Lichthupe, damit er ein paar Meter weiterfahrt, vor ihm war ja alles frei. Er reagierte nicht, blieb unbeirrt stehen. Nachdem meine Lichtsignale offenbar nicht reichten, hupte auch ich vorsichtig – keine Reaktion – dann mit etwas mehr Nachdruck. Nachdem er sich noch immer nicht bewegte, geschweige denn auf mich reagierte, drückte ich schließlich richtig lange auf die Hupe und da sah ich erst das Gesicht des Fahrers in seinem Seitenspiegel, wie er mich scheinbar schadenfroh, fast schon provokant anlächelte, sein Handy zückte, sich entspannt zurücklehnte und in aller Ruhe begann zu telefonieren. In dem Moment platze mir der Kragen. Ich zog die Handbremse meines Autos an, stieg bei laufendem Motor aus, ging vor zu ihm, klopfte an seine Scheibe, deutete ihm er soll sie runterlassen, sodass ich ihm den Marsch blasen kann (dachte ich) und was macht er? Grinste mich breit an und zeigte mir durch die geschlossene Seitenscheibe den Mittelfinger … Mehr brauchte ich nicht! Auf was hinauf? Nicht mit mir! In Gedanken zog ich ihn an den Eiern aus seinem schäbigen Klein-Lkw und hängte ihn an selbigen an den nächsten Baum. Tatsächlich aber hüpfte ich wie Rumpelstilzchen zurück zu meinem Auto, um es irgendwie beiseite zu manövrieren, damit ich zumindest den anderen Autofahrern (die schon zu einem kleinen Stau aufgelaufen sind) die Weiterfahrt ermöglichen kann. Als ich es fast geschafft hatte, arschlinks aus der Einfahrt zu reversieren, und kurz davor war, den Schauplatz schimpfend wie ein Rohrspatz zu verlassen, legte der Klein-LKW-Fahrer seelenruhig den ersten Gang ein und fuhr – noch immer mit dem Handy am Ohr – ein paar wenige Meter vor, sodass hinter ihm genug Platz entstand, um in die Parkplatzeinfahrt fahren zu können.

„Mitarbeiter als Unternehmensbotschafter sind glaubhaft und äußerst authentisch“, sagt die Fachliteratur. „Vor allem wenn sie dir den Mittelfinger entgegenstrecken“, sage ich. (Bild: www.BlickReflex.de/ pixelio.de)

Ich diesem Moment wechselte meine Gesichtsfarbe in San Marzano-Tomaten-Rot. Ich spürte wie der Druck in Ohren und Halsschlagader stieg. Konnte er das nicht ein paar Minuten früher machen? Offenbar war es kein Problem seine Schrottkiste mit diesem hässlichen Männchen drauf zu bewegen. „Na gut, wenn er es so will“, dachte ich und setzte erneut an, um in die Einfahrt zu fahren. Tat ich auch, blockierte dabei niemanden mehr, war aber hinter dem LKW „gefangen“, weil ich nicht an ihm vorbeikam. Der Fahrer beobachtete mich durch seinen Rück- und Seitenspiegel, grinste frech und fuhr einen halben Meter nach vor, blieb stehen, wartete, fuhr einen weiteren halben Meter nach vor, blieb stehen, wartete, fuhr noch einen Meter vor, hielt an, wartete. Ich ruckelte hinter ihm her und war mittlerweile auf 280. Irgendwann reichte es mir. Ich stieg erneut aus, ging zu ihm vor und plötzlich stieg das A… aufs Gas und brauste einige Meter davon. An dem Punkt war für mich endgültig Schluss. Meine Gesichtsfarbe hatte mittlerweile einen kräftigen Melanzani-Violett-Ton angenommen und ich fasste den Entschluss mich bei dem Unternehmen, in dessen Auto der Typ saß und für das er offenbar arbeitete, zu beschweren. Um „Beweise“ zu haben zückte ich mein Handy und fotografierte den Klein-Laster, samt Firmenlogo, Kennzeichen und Fahrer, schön herausfordernd mit deutlich erhobenem Smartphone, sodass es der Fahrer auch ja gut sehen konnte. (Ja, genau, ich kann auch provozieren, dachte ich). Na, mehr brauchte ich nicht. Natürlich hat mich der Typ dabei beobachtet, bremste sich mit quietschenden Reifen ein, setzte zurück, um halbwegs auf meine Höhe zu kommen, ließ das Fenster runter und schimpfte mich, wie ich es im Leben noch nicht gehört habe. Von A… bis Z… hieß er mich alles was Gott verboten hat. Da ich mich nicht auf das selbe Niveau begeben wollte, zugegebenermaßen etwas Respekt hatte, aber auch nicht wollte, dass die Situation eskaliert, kratzte ich meine gesamte Contenance zusammen, drehte am Stand um, verließ den Schauplatz wortlos und fasste dabei den festen Entschluss: „Du kannst mich Mal! Und das Unternehmen, für das Du offenbar arbeitest, und dessen Logo-Männchen mich dauernd so dämlich angrinst, kann mich auch mal. Da werde ich mit Sicherheit niemals hingehen!“ …

Scheinbar sind sich nicht alle der Tragweite der Tatsache bewusst, dass man in vielen Situationen das Gesicht seines Arbeitgebers ist, vor allem wenn man in einem gebrandeten Dienstauto herumfährt. So wie der zweite Vollidiot, der mich unlängst auf der Autobahn geschnitten hat, sodass ich eine Vollbremsung hinlegen musste, wodurch der Pflanztopf samt Erde und Pflanze auf der Rückbank nach vorne kippte und im Sturz sich nicht nur die Erde über den Sitz verteilte, sondern auch noch die Pflanze abknickte… Aber nicht, dass sich der Rowdy entschuldigte – wobei ich ja nicht einmal erwartet hätte, dass er stehenbleibt, aussteigt und einen Kniefall vor mir macht. Aber zumindest eine kleine Geste der Reue hätte ich erhofft. Ein Handzeichen, mit dem er mir signalisiert, dass es ihm leid tut. Einen Wink seinerseits, über den ich gnädig und mit gönnerhaftem Blick (er soll ja zu spüren bekommen, was er ausgelöst hat) hinwegnicken kann, als Zeichen, dass ich seine Entschuldigung wahrgenommen habe … Das hätte mir ein gutes Gefühl gegeben und vielleicht auch ihm (wobei ich mir bei dem einen Exemplar gar nicht so sicher bin). Soweit meine naiven sozialromantischen Träume. Die knallharte Realität sah ganz anders aus. Seine Reaktion war nämlich ebenfalls ein Stinkefinger, den er direkt und unmissverständlich in meine Richtung streckte, gefolgt von einem Vogelzeichen, um seine Meinung nochmals ganz deutlich zu unterstreichen.

Ich war fuchsteufelswild und wäre ich nicht gerade im Auto auf der überfüllten A23 gefahren – und wäre er nicht ein geschätzt 1,95 Meter großer Hüne gewesen, der so wirkte, als würde er Zwerge nicht nur weit werfen, sondern auch fressen (Anm.: Der Zwergenweitwurf ist eine Sportart, die im England des 17. Jahrhunderts bei der Oberschicht sehr beliebt war) – dann hätte ich ihm in die Weichteile getreten, vor all den staunenden und stauenden Autofahrern rundherum (oder ich hätte ihm zumindest auch den Vogel gezeigt). Aber nachdem das nicht ging, explodierte ich ganz für mich alleine in meinem Auto und schwor mir dabei eines ganz fest: Auch bei dem Unternehmen, in dessen Dienstwagen der Typ saß und für das er offenbar arbeitet, werde ich nie und nimma ein Produkt kaufen bzw. eine Dienstleistung in Anspruch nehmen. Ich war so unbeschreiblich geladen, konnte diesen Grant aber nicht am Verursacher (also an dem Typen) auslassen, also projizierte ich meine Aggression auf die nächstliegende Möglichkeit und das war auch in diesem Fall das Unternehmen, dessen Name groß und plakativ vor mir auf dem Auto, in dem der Irre saß, prangte.

Das mag unfair erscheinen, denn die Unternehmen können wenig dafür, wie sich ihre Leute draußen auf der Straße aufführen. Aber ich habe mir das auch nicht ausgesucht, sondern bin viel mehr, wie einst die Jungfrau zum Kind, in diese Situationen mit den Stinkefingern hineingeraten, und es tut mir leid, aber die Bilder, die sich in meinem Kopf manifestiert, also untrennbar mit den unangenehmen Situationen verbunden haben, sind die Firmenlogos der betroffenen Unternehmen (die mir übrigens bis heute unsympathisch sind).

Wir alle sind Markenbotschafter der Unternehmen, für die wir arbeiten – die einen mehr, die anderen weniger. Große Verantwortung in diesem Zusammenhang tragen übrigens auch Verkäufer. Sie haben fast den ganzen Tag mit Kunden zu tun und sind dabei stets Repräsentanten des Unternehmens, für das sie tätig sind. Und so schwer es manchmal auch ist, aber wenn ich draußen am POS bin, muss ich mich von meiner besten Seite zeigen, ich muss grüßen, den Leuten ein Lächeln und Aufmerksamkeit schenken, um auch meinen Arbeitgeber in einem guten Licht dastehen zu lassen, und in weiterer Folge auch meinen Job zu behalten.

Ob missgelaunte Verkäufer, die es nicht für notwendig erachteten wegen mir von ihrem Smartphone abzulassen oder mir, nachdem ich sie quasi gezwungen habe, sich mit mir als Kunden zu beschäftigen, empfehlen, doch besser bei Amazon zu bestellen – oder ob rücksichtslose Fahrer von Dienstautos, die mich nicht einordnen lassen, den Weg versperren oder mir den Parkplatz wegschnappen – all das und mehr ist mir schon begegnet. Und ich kann es ja verstehen, wenn man nach einem endlos langen Tag, an dem man schwer schuftete, sich mit mühsamen Kunden herumschlagen musste und vielleicht sogar viel unterwegs war, einfach nur noch nachhause und in Ruhe gelassen werden will. Aber bei aller Liebe: Ich will nicht diejenige sein, die den Frust dieser Menschen abbekommt!  

Mein Fazit lautet: Wir sollten uns unserer Repräsentationsfunktion öfter bewusst sein. Und (noch viel wichtiger): Wir sollten öfters netter zueinander sein. Also, lassen Sie Ihren Frust nicht an unschuldigen, zufällig Anwesenden aus (die Folgen könnten weitreichend sein), sondern gewähren Sie einem Mitmenschen das nächste Mal gemäß dem Reißverschlusssystem die Vorfahrt (was laut Straßenverkehrsordnung übrigens ein Gebot ist!), ermöglichen Sie ihm aus einer Seitengasse kommend das Einordnen in den Fließverkehr oder machen Sie sonst eine nette Geste. Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass derjenige für einen kurzen Moment eine Freude hat, sich im besten Fall auch bedanken wird und Ihnen dabei vielleicht sogar ein Lächeln schenkt (ich tue das zumindest in solchen Situationen) – und selbst wenn nicht: SIE haben danach mit Sicherheit ein gutes Gefühl!

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… und mit diesen letzten Worten komme ich völlig ungeplant von den UnternehmensbotschafTERN zu den UnternehmensbotschafTEN, mit denen ich mich hier in unseren Sonntagsnewslettern in Form von „Claim-Rätseln“ so gerne beschäftige. Üblicherweise beschreibe ich dabei ein Unternehmen bzw. eine Marke und den zugehörigen Claim, ohne eines davon namentlich zu nennen, und Sie können jedes Mal mitraten, um wen bzw. was es sich handelt. Mit meinen heutigen letzten Worten zitiere ich zufällig wieder einen Claim – wissen Sie zu welcher Marke er gehört?

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Kommentare (2)

  1. Ich verstehe voll und ganz die Botschaft des Artikels. Und hätte mich auch grün und blau geärgert. Aber wo genau ist jetzt der Unterschied zu Fahrern mit Autos ohne Firmenlogo? Worin unterscheidet sich solch ein Verhalten zu Mitarbeitern, die in Geschäften nicht grüßen können oder genervt von jedwedem Kundenkontakt sind?
    Und zu guter Letzt. Was soll sich ein Leser über das Niveau des Verfassers obigen Artikels denken, wenn das Sprachniveau sich bis zu den Genitalien des Ärgernisses herablässt? Ist ja nun auch nicht, das beste Aushängeschild für den Arbeitgeber oder das Medium welches hier vertreten wird.

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