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Samstag, 27. April 2024
Deutsche Umwelthilfe kritisiert

DUH: „Onlinehandel mitverantwortlich für illegale E-Schrottentsorgung“

Hintergrund | Stefanie Bruckbauer | 03.08.2020 | | 1  Branche
Die Deutsche Umwelthilfe erachtet den Onlinehandel als mitverantwortlich für illegale E-Schrottentsorgung in Deutschland. (Bild: DUH) Die Deutsche Umwelthilfe erachtet den Onlinehandel als mitverantwortlich für illegale E-Schrottentsorgung in Deutschland. (Bild: DUH) Blick nach Deutschland: Der seit vier Jahren zur Rücknahme von E-Schrott verpflichtete Onlinehandel profitiert von der Corona-Krise, trägt jedoch kaum zur Sammlung ausgedienter Elektrogeräte bei, kritisiert die Deutsche Umwelthilfe, die zugleich auf massive Wettbewerbsverzerrungen zu Lasten des stationären Handels und der Verbraucher hinweist.

Der Onlinehandel in Deutschland erwirtschaftete im Marktsegment Elektronik im Jahr 2019 über 14,3 Milliarden Euro Umsatz und hält einen Marktanteil von über 33%, die Rücknahmemengen an Elektroschrott seien allerdings verschwindend gering, wie die Deutschen Umwelthilfe kritisiert. Nach Einschätzung der DUH ist der Onlinehandel demnach „einer der hauptverantwortlichen Akteure für die überwiegend illegale Entsorgung von Elektroschrott in Deutschland“. „Obwohl die Branche seit genau vier Jahren zur Rücknahme und Information verpflichtet ist, werden Verbrauchern oft nur komplizierte oder keine Rückgabemöglichkeiten für Altgeräte angeboten. Unter anderem aus diesem Grund hat Deutschland die EU-Sammelvorgabe für Elektroaltgeräte von 45% für das Jahr 2018 verfehlt“, so die DUH weiter.

Trotz der zuletzt erneut stark gestiegenen Umsätze und Marktanteile stelle der Gesetzgeber den Onlinehandel bei der Rückgabe von Altgeräten besser als den stationären Handel, merkt die DUH an. Die Institution fordert die deutsche Umweltministerin Svenja Schulze dazu auf, dies zu beenden und eine wirksame Rückgabe- und Informationspraxis im Versand- und Internethandel durchzusetzen. Anders werde Deutschland die neue ab 2019 geltende EU-Sammelvorgabe von 65% nicht einhalten können.

Es kann nicht sein, dass der Onlinehandel beim Verkauf von Elektrogeräten massiv von der Corona-Krise profitiert, aber kaum zur Sammlung der Altgeräte beiträgt. Noch immer wird mehr als die Hälfte des oft mit Schadstoffen belasteten Elektroschrotts in Deutschland illegal entsorgt oder exportiert“, sagt der Stellvertretende DUH-Leiter für Kreislaufwirtschaft Philipp Sommer, laut dem Onlinehändler gleichzeitig kaum Kontrollen der Behörden befürchten müssten, da sie erst ab einer Versand- und Lagerfläche für Elektrogeräte von mindestens 400 Quadratmetern unter die Rücknahme- und Informationspflichten fallen. Aufgrund der täglich wechselnden Lagerstände im Onlinehandel sei es den Behörden kaum möglich, dieses Kriterium zu überprüfen.

Derzeit ist in Deutschland nur der Filialhandel dazu verpflichtet, bei Lieferung eines neuen Geräts ein entsprechendes Altgerät am Ort der Abgabe oder in unmittelbarer Nähe zurückzunehmen. Die DUH fordert, dass die gleichen Regeln auch für Onlinehändler gelten und zwar unabhängig von deren Versand- und Lagerfläche. „Große“ Onlinehändler mit mindestens 100 Quadratmetern Lager- und Versandfläche sollten auch ohne den Verkauf neuer Geräte Elektrokleingeräte kostenlos zurücknehmen müssen. „Zugunsten einer verbraucherfreundlichen Rückgabe sollten sie sich an flächendeckenden stationären Rücknahmesystemen beteiligen. Über einen Paketversand konnten bisher nur geringe Mengen erfasst werden, da mit diesem Datenschutz- und Versicherungsbedenken sowie ein hoher Aufwand für die Verpackung der Geräte einhergehen. Zudem eignen sich viele Altgeräte aufgrund enthaltener Schadstoffe oder gegebener Brandgefahr nicht für einen Postversand“, sagt Sommer.

Da über die angebotenen Rückgabemöglichkeiten oft nur unzureichend informiert werde, sollten Onlinehändler auf jeder Produktwebseite einen gut sichtbaren Link zu den kostenlosen Rückgabeoptionen platzieren müssen. „Genau wie eine verweigerte Rücknahme sollte auch ein Verstoß der Informationspflicht als Ordnungswidrigkeit mit einem Bußgeld geahndet werden“, so Sommer. „Die einzelnen Filial- und Onlinehändler sollten zur Quoteneinhaltung und Veröffentlichung der gesammelten Elektroschrottmengen verpflichtet werden.“

Rechtsverstöße entdeckt

„Bei unseren Tests stellen wir leider gerade im Onlinehandel besonders oft wenig verbraucherfreundliche Rückgabemöglichkeiten für Elektroaltgeräte oder sogar Rechtsverstöße fest. Gerade bei großen Onlinehändlern wie Saturn, Cyberport oder Netto Online konnten wir eine verbraucherfreundliche Rückgabe bestimmter Elektrogeräte erst per Gerichtsurteil durchsetzen“, kritisiert Sommer, laut dem die von den Landgerichten zu Gunsten der DUH entschiedenen Urteile zu Saturn und Netto Online noch nicht rechtskräftig sind und sich derzeit in Berufung vor den Oberlandesgerichten befinden.

Hintergrund

Die Deutsche Umwelthilfe erläutert den Hintergrund: „In Deutschland wurden im Jahr 2018 853.000 Tonnen Elektroaltgeräte gesammelt. Das entspricht einer Sammelquote von lediglich 43,1%. Die Bundesrepublik verfehlte damit das seit 2016 geltende EU-Sammelziel von 45%. Während der größte Anteil über die kommunalen Wertstoffhöfe erfasst wurde, sammelte der Handel in 2018 lediglich 101.943 Tonnen ein.

Der Onlinehandel profitiert von einer Regelung im Elektrogesetz. Anders als der Filialhandel muss er bei Lieferung eines Elektrogeräts ein entsprechendes Altgerät nicht in ‚unmittelbarer Nähe‘, sondern lediglich in ‚zumutbarer Entfernung‘ zurücknehmen. Dieser unbestimmte Rechtsbegriff wird von der Branche immer wieder missbräuchlich ausgenutzt, so dass Verbraucher oft Wege von 50 Kilometern und mehr für die Altgeräterückgabe zurücklegen müssen.

Nach einer aktuellen Branchenstudie wuchs aufgrund der Corona-Krise der Umsatz von Elektrogeräten im Onlinehandel im zweiten Quartal 2020 im Vergleich zum Vorjahresquartal deutlich. Während der Umsatz im Bereich E-Commerce im Quartal 2020 im Vergleich zum Vorjahresquartal insgesamt um 16,5% auf 20,2 Milliarden Euro stieg, legten Warengruppen wie ‚Computer, Zubehör und Spiele‘ um 15,5% oder ‚Haushaltswaren und Geräte‘ um 25,5% zu.“

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Kommentare (1)

  1. Ich finde es schlimm, dass Verbrauchern oft nur komplizierte oder keine Rückgabemöglichkeiten für Altgeräte angeboten werden, obwohl es rechtlich vorgeschrieben ist. Ich hätte nie gedacht, dass der Onlinehandel ein Hauptakteur in der illegalen Entsorgung von Elektroschrott ist. http://www.besta-metallhandel.at

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