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Samstag, 27. April 2024
Corona-bedingte Einbußen von 10,5%

Gewerbe und Handwerk mit 11 Mrd. Euro Umsatzminus überproportional getroffen

Hintergrund | Wolfgang Schalko | 14.01.2021 | |  Wissen
Die Covid-bedingten Einbußen sind in der Sparte Gewerbe und Handwerk mit 10,5 Prozent Minus viel größer als in Gesamtwirtschaft. Spartenobfrau Renate Scheichelbauer-Schuster fordert daher eindringlich Soforthilfen und weitere Unterstützung: „Ein Handwerkerbonus Neu würde 5.200 Arbeitsplätze schaffen.“ Die Covid-bedingten Einbußen sind in der Sparte Gewerbe und Handwerk mit 10,5 Prozent Minus viel größer als in Gesamtwirtschaft. Spartenobfrau Renate Scheichelbauer-Schuster fordert daher eindringlich Soforthilfen und weitere Unterstützung: „Ein Handwerkerbonus Neu würde 5.200 Arbeitsplätze schaffen.“ (© WKÖ) „Mit den Impfstarts sind wir hoffnungsvoll ins Jahr 2021 gestartet. Der Weg zur wirtschaftlichen Gesundung wird aber leider noch sehr lang und steinig. Österreichs Gewerbe- und Handwerksbetriebe sind zum Jahreswechsel überwiegend pessimistisch gestimmt“, sagte Renate Scheichelbauer-Schuster, Obfrau der Bundessparte Gewerbe und Handwerk in der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ), in Hinblick auf die jüngsten Ergebnisse der vierteljährlichen Konjunkturumfrage.

Unterm Strich wird das Gewerbe und Handwerk 2020 voraussichtlich mit einem Umsatzminus von 10,5 Prozent abschließen. „Das bedeutet Einbußen von rund 11 Milliarden Euro verglichen mit den Auftragseingängen und Umsätzen des Vorjahres“, erklärte Christina Enichlmair von KMU Forschung Austria.

Das Gewerbe und Handwerk ist somit von den Corona-Maßnahmen deutlich stärker betroffen als die österreichische Wirtschaft insgesamt, bei der laut WIFO-Prognose von Dezember 2020 von einem nominellen BIP-Minus von 6,1 Prozent ausgegangen wird.

Die Betroffenheit der Unternehmen ist groß: Für die ersten drei Quartale 2020 hat die Hälfte der Betriebe (49 Prozent) Umsatzrückgänge gemeldet, im Durchschnitt beliefen sich diese auf mehr als 27 Prozent.

Stimmung abermals eingetrübt

Mit den steigenden Infektionszahlen und unter dem Eindruck der wiederholten Lockdowns hat sich die Stimmung gegen Ende des Jahres abermals eingetrübt: „Die Gewerbe- und Handwerksbetriebe beurteilten ihre Geschäftslage im vierten Quartal mit einem Saldo von -18 Prozentpunkten überwiegend negativ. So sahen 37 Prozent einen schlechten Verlauf, nur 19 Prozent der Betriebe bewerteten ihre Geschäftslage als gut“, sagt Enichlmair.

Zum Vergleich: Am schlechtesten war die Geschäftsentwicklung nach dem ersten harten Lockdown im zweiten Quartal 2020 bewertet worden. Damals sahen nur 17 Prozent der Betriebe eine gute, 48 Prozent hingegen eine schlechte Entwicklung (Saldo: -31 Prozentpunkte). Im dritten Quartal 2020 hatte sich die Stimmung angesichts der entspannteren Sommermonate geringfügig aufgehellt (gut: 23 Prozent, schlecht: 31 Prozent, Saldo: -8 Punkte).

Konsumnahe Bereiche

Besonders hart treffen Lockdowns und die eingeschränkte Mobilität der Verbraucher die konsumnahen Bereiche. Im vierten Quartal 2020 meldeten 67 Prozent der Betriebe Umsatzrückgänge (Vorjahr: 20 Prozent). 26 Prozent konnten die Umsätze stabil halten (Vorjahr: 67 Prozent) und nur noch 7 Prozent durften sich über Steigerungen freuen (Vorjahr: 13 Prozent).

Von Geschäftssperren direkt betroffen waren und sind die körpernahen Dienstleister (Friseure, Fußpfleger, Kosmetiker, Tätowierer, Piercer, Masseure). Allerdings leiden viele konsumnahe Bereiche mit ihren Auftraggebern aus Hotellerie, Gastronomie und Veranstaltungsbranche mit, betont Scheichelbauer-Schuster: „Viele Zulieferer und Dienstleister hatten seit März 2020 kaum Kunden und Aufträge, etwa Textilreiniger, Veranstaltungs- und Tontechniker, Beschaller und Beleuchter, Zeltverleiher, Bewacher, Kleidermacher oder auch Bäcker, Fleischer und Konditoren als Zulieferer der Restaurants und Hotels. Und den Berufsfotografen ist ein Geschäftsfeld nach dem anderen weggebrochen, von der Schulfotografie über Großevents bis zu Hochzeiten.“

Scheichelbauer-Schuster betont deshalb die Dringlichkeit von Soforthilfen und auch von entsprechenden Unterstützungen für die Zulieferbetriebe, solange die Pandemie andauert. Und Österreich brauche eine sichere gesundheitspolitische Alternative zum Auf- und Zusperren. „Jede weitere Woche Lockdown verursacht untragbare Kosten. Wir müssen jetzt testen, testen, testen, damit wir diese Abwärtsspirale hinter uns lassen.“

Auftragspolster schrumpfen

Die Corona-Maßnahmen schlagen sich nun auch in den Auftragsbüchern der investitionsgüternahen Branchen nieder. Damit sind der Bau- und das Baunebengewerbe gemeint (Dachdecker, Spengler, Fliesenleger, Maler, Tischler), aber auch Metalltechniker, Installateure, Gärtner/Floristen, Kunststoffverarbeiter oder das chemische Gewerbe.

„Der Auftragsbestand hat sich im Durchschnitt um 8,4 Prozent reduziert. Die Betriebe sind zudem für kürzere Zeiträume ausgelastet. 43 Prozent der befragten Unternehmen gaben an, sie könnten jetzt zusätzliche Aufträge unverzüglich ausführen: Dieser Wert ist erstmals seit fünf Jahren gestiegen“, erklärt Enichlmair.

„Die investitionsgüternahen Branchen waren bisher recht stabil, weil der Bau und die Handwerksbetriebe weiterarbeiten konnten. Leider zeichnet sich jetzt die Auftragsdelle ab, vor der wir schon lange warnen: Die Unternehmen sind schwächer ausgelastet. Wir haben die Sorge, dass sich das verschärft, wenn Investitionsvorhaben im Tourismus unterbleiben oder die Kommunen auf die Ausgabenbremse treten müssen“, warnt Scheichelbauer-Schuster.

5.200 zusätzliche Arbeitsplätze

„Die Rückkehr auf den Wachstumspfad 2021 wird kein Selbstläufer. Hier werden Impulse notwendig sein, wie sie der Handwerkerbonus zwischen 2014 und 2017 gesetzt hat“, sagt Sparten-Geschäftsführer Reinhard Kainz. „Dieses bewährte Instrument sollte als Handwerkerbonus Neu aufgelegt werden und privat beauftragte Arbeitsleistungen bis zu 20.000 Euro pro Haushalt und Jahr zu 25 Prozent fördern. Neben der Renovierung und Modernisierung des Wohnraums sollten Außenanlagen wie Garten, Garage, Carport oder Zäune in den förderbaren Anwendungsbereich fallen. In Summe würde sich eine Dotierung mit 2 x 50 Millionen Euro über zwei Jahre anbieten“, so Kainz.

Laut Umfrage der KMU Forschung Austria halten 72 Prozent der befragten Unternehmen die Maßnahme für „sehr geeignet“ / „geeignet“, um die Nachfrage anzukurbeln (19 Prozent „weniger geeignet“, 9 Prozent „ungeeignet“ v.a. Betriebe mit hohem B2B-Anteil). Jeweils 62 Prozent der Betriebe versprechen sich dadurch zusätzliche Absatzmöglichkeiten ihrer Produkte/Leistungen sowie den Erhalt/Ausbau der Arbeitsplätze im Unternehmen. 59 Prozent erwarten die Reduktion von Schwarzarbeit / Pfusch.

Der Wachstumsschub und Beschäftigungseffekt durch einen Handwerkerbonus Neu wäre beträchtlich. „Konservativ gerechnet ergibt sich ein Hebel von mehr als eins zu drei. Der Einsatz von 100 Mio. Euro würde über zwei Jahre eine Wertschöpfung von 310 Mio. Euro bewirken und 5.200 Arbeitsplätze schaffen“, sagt Christina Enichlmair von KMU Forschung Austria.

Spartenobfrau Renate Scheichelbauer-Schuster ergänzt: „Das Fazit ist: Der Handwerkerbonus Neu wird von den Unternehmen angesichts der Konjunktureintrübung und schwächelnden Auftragslage jetzt dringend gebraucht.“

Lehrlinge und Personalstand

Die Spartenobfrau sieht aber auch positive Signale, etwa in der Personalplanung, wo laut Umfrage drei Viertel der Betriebe (74 Prozent) trotz der Krise ihren Mitarbeiterstand im ersten Quartal 2021 konstant halten und 11 Prozent sogar ausbauen wollen.

„Auf die Gewerbe- und Handwerksbetriebe als Arbeitgeber ist auch in der Krise Verlass. Und auch die Lehrlingsausbildung hat sich als krisenfest erwiesen. Wir hatten mit Stichtag 31. Dezember 2020 exakt 46.659 Lehrlinge in den Ausbildungsbetrieben im Gewerbe und Handwerk. Das ist gegenüber dem Vorjahr sogar ein Plus von 0,6 Prozent, das mich sehr stolz macht. Die Ausbildungsbereitschaft der Betriebe ist ungebrochen“, so Scheichelbauer-Schuster. Ihr besonderer Dank gilt den ausbildenden Betrieben.

Das teils demografisch, teils coronabedingte Minus bei den Lehranfängern 2020 fiel im Gewerbe und Handwerk mit -5,7 Prozent geringer aus als im Österreich-Durchschnitt (-8,2 Prozent). Trotz Corona-Krise gibt es österreichweit aktuell immer noch um gut 4.300 mehr offen gemeldete Lehrstellen als Lehrstellensuchende.

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