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Freitag, 26. April 2024
„Mit jedem weiteren Lockdown-Tag wächst die Verzweiflung“

HV Lockdown-Befragung: „Auch 2021 heftige Umsatzeinbußen“

Hintergrund | Stefanie Bruckbauer | 25.01.2021 | |  Unter der Lupe
(Bild: Dr. Klaus-Uwe Gerhardt/ pixelio.de) (Bild: Dr. Klaus-Uwe Gerhardt/ pixelio.de) Voraussichtlich bis 7. Februar 2021 muss der heimische Non-Food Handel noch geschlossen bleiben. Damit wird sich die Zahl der Corona-bedingten Schließungen für viele Händler auf insgesamt 90 Einkaufstage summieren. Der Handelsverband führte in diesem Zusammenhang eine Blitzumfrage durch. Ein Ergebnis zeigt: Dreiviertel der gesperrten Händler rechnen heuer mit Verlusten. Ein Drittel sei in den nächsten drei Monaten insolvenzgefährdet.

84% der heimischen Händler rechnen auch 2021 mit heftigen Umsatzeinbußen von durchschnittlich 40% im Vergleich zu 2019. Gleichzeitig werden die Hilfsanträge vieler betroffener Händler immer wieder aus Formalgründen abgelehnt, obwohl Steuerberater die Anträge einbringen. Monate vergehen und die Gehälter und Mieten sind weiterhin zu berappen. Sollten die Corona-Hilfsmaßnahmen nicht unbürokratischer zugestanden werden und rascher auf die Konten gelangen, wird die Hälfte der Non-Food-Händler die nächsten sechs Monate nicht überstehen„, fasst Rainer Will, Geschäftsführer des Handelsverbandes, die zentralen Ergebnisse der Befragung zusammen.

Status Quo: Massive Verluste im stationären Handel

84% aller österreichischen Händler im Non-Food Handel rechnen heuer laut Handelsverband also mit Verlusten im Vergleich zum Vorkrisenjahr 2019, ein Viertel befürchte Verluste von mehr als 50% bis hin zum Totalausfall. Besonders beängstigend sei, dass fast drei Viertel aller Händler (73%) im heurigen Jahr weitere Verluste auch im Vergleich zum Corona-Jahr 2020 erwarten., wie der Handelsverband sagt.

Zwar seien die Umsätze im Onlinehandel 2020 im Vergleich zu 2019 um mehr als +30% und im Jänner 2021 sogar um +50% gestiegen, doch damit könne nur ein Bruchteil der Verluste im geschlossenen stationären Handel abgedeckt werden.

Corona-Hilfen: „Viel beantragt, wenig ausbezahlt“

Rainer Will sagt: „Bei keiner einzigen Kategorie an staatlichen Hilfen gaben mehr als 22% der Händler an, die Gelder bereits vollständig erhalten zu haben. Die Kurzarbeit wurde in knapp 21% der Fälle vollständig ausgezahlt, bei einem Drittel der Beantragungen wurden Auszahlungen noch gar nicht oder nur teilweise vorgenommen.“

Der Lockdown-Umsatzersatz wurde laut Befragung erst an 14% jener Unternehmen, die diesen beantragt haben, vollständig ausbezahlt. Die Hälfte der befragten Unternehmen habe noch keine oder nur einen Teil der Hilfe erhalten, 19% erfüllen die Voraussetzungen nicht.

Weitere Ergebnisse zeigen: Knapp ein Viertel der Befragten hat das Gefühl, dass die Hilfen zwar in vollem Umfang ankommen, jedoch zeitverzögert. Mehr als jeder zweite Befragte (51%) hat das Gefühl, die Hilfen würden nur teilweise ankommen. Ein weiteres Viertel geht davon aus, dass die Hilfen eher nicht oder gar nicht ankommen.

Zufriedenheitsranking

Der Handelsverband listet auf: 60% der betroffenen Händler nutzen zurzeit die Corona-Kurzarbeit, 35% Steuerstundungen, 60% den Fixkostenzuschuss, 40% den Verlustersatz und 75% den Lockdown-Umsatzersatz. Doch wie zufrieden sind die österreichischen Händler mit den Corona-Hilfsmaßnahmen der Bundesregierung? Die Handelsverband Blitzumfrage zeigt:

  • Corona-Kurzarbeit (48% Zufriedenheit)
  • Steuerstundungen (41%)
  • Lockdown-Umsatzersatz (40%)
  • Härtefallfonds (34%)
  • Fixkostenzuschuss (30%)
  • Ausfallsbonus (14%)
  • Verlustersatz (13%)

„Mit jedem weiteren Tag im Lockdown wächst auch die Verzweiflung der Betriebe. Hauptkritikpunkt beim Ausfallsbonus ist für zwei Drittel, dass die Ersatzrate mit 15% Ausfallbonus und 15% Vorschuss auf den Fixkostenzuschuss II zu gering ist. Für 43% ist die Mindestgrenze beim Umsatzausfall zu hoch. Erschwerend kommt für ein Drittel aller Befragten hinzu, dass die Hilfen auf den Bezugszeitraum Jänner 2019 und Februar 2019 referenzieren, obwohl im Jänner und Februar 2020 noch ‚normale‘ Umsätze erwirtschaftete wurden. Hier werden – wie auch beim Umsatzersatz – jene Unternehmen, die in den letzten zwei Jahren Wachstum etwa durch zusätzliche Filialen verzeichnet haben, erneut unfair behandelt und fallen um einen Großteil der Hilfen um. Für 18% der Befragten ist die Deckelung mit 60.000 Euro zu gering, um den kurzfristigen Kapitalbedarf zu decken“, fasst der Handelsverband zusammen.

Mietzinsreduktion

Wie der Handelsverband erläutert, haben seit November 52% aller Handelsbetriebe angesichts deutlich reduzierter Umsätze und Kundenfrequenzen im zweiten und dritten Lockdown Gespräche mit ihren Vermietern über eine Anpassung des Miet- bzw. Pachtzinses geführt. Das ernüchternde Fazit der Verhandlungen sei:

Für 55% der Händler verliefen die Gespräche erfolglos;

Weniger als 10% erhielten eine Minderung (meist unter 50%);

Vor allem in Einkaufszentren berichten Händler vielfach bis zuletzt von 0% Minderung, auch aufgrund von Gesprächsverzögerungstaktiken.

Konsequenzen der unzureichenden, verzögerten Corona-Krisenhilfen

Ein Viertel aller österreichischen Händler musste seit Beginn der Coronakrise laut Handelsverband bereits Mitarbeiter kündigen oder plant, dies in den kommenden Wochen zu tun. „Für die nächsten 12 Monate planen 20% der Händler, weitere Stellen zu streichen. 45% planen keine personelle Veränderung und 5% wollen zusätzliches Personal einstellen, was hoffen lässt. Für 30% besteht derzeit keine personelle Planbarkeit“, so der Verband und: „Mehr als die Hälfte aller österreichischen Handelsunternehmen im Non-Food Handel gibt an, das nächste halbe Jahr nicht überstehen zu können. Mehr als 30% der Händler geht die Luft schon binnen eines Quartals und somit innerhalb der nächsten drei Monate aus, wenn die zugesagten Hilfen nicht endlich ankommen.“

Fazit

„Wir brauchen höhere Deckel für beschäftigungsintensive, mittelständische und große Händler sowie sofortige Liquiditätsspritzen für alle direkt und indirekt betroffenen Unternehmen. Die Hilfen müssen endlich auf den Konten der Betriebe ankommen, nur so können wir die 490.000 Arbeitsplätze im österreichischen Non-Food Handel und das Überleben von 80.000 Betrieben sichern. Daher fordern wir eine drastische Vereinfachung der Beantragung und eine Erhöhung des Fixkostenzuschuss 800.000 auf 1,5 Millionen Euro pro Monat“, sagt Handelsverband GF Rainer Will.

Planungssicherheit bedeute nicht nur zu wissen, wann man genau aufsperren darf, sondern auch sich auf Hilfen verlassen zu können – „und zwar sowohl auf den Zeitpunkt der Auszahlung als auch auf die betragliche Höhe“, so Will.

Der Handelsverband GF sagt abschließend: „Wir hoffen im zehnten Monat der Krise auf rasche Verbesserungen, damit den mutigen Unternehmern der Weg zurück und damit das wirtschaftliche Comeback ermöglicht wird. Die ganze Branche sollte zumindest die Möglichkeit bekommen, die Chancen aus der Krise, die durch Digitalisierung und das Regionalitäts- und Nachhaltigkeitsbedürfnis der Kunden erwachsen, zu nutzen.“

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