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Sonntag, 28. April 2024
„Besserer Vollzug statt neuer Papiertiger“

HV nimmt Ultra-Billig-Marktplätze aus Drittstaaten ins Visier

Hintergrund | Stefanie Bruckbauer | 09.02.2024 | |  
Der Handelsverband fordert von der österreichischen Politik ebenso wie von der EU-Kommission eine härtere Gangart gegenüber Ultra-Billig-Marktplätzen aus Drittstaaten wie Temu, Shein und AliExpress. Online-Marktplätze wie diese würden in Europa viel zu lasch reguliert. Müllberge, undurchschaubare Lieferketten, mangelnde Produktsicherheit und Zollbetrug seien die Konsequenzen.

Der Handelsverband nimmt Online-Marktplätze wie Temu, Shein und AliExpress ins Visier bzw. deren viel zu lasche Regulierung in Europa. „Weder der europäische noch der österreichische Gesetzgeber sind derzeit in der Lage, ihre Regularien gegenüber den rasant wachsenden Online-Marktplätzen aus Fernost vollständig durchzusetzen. Dadurch sind massive Wettbewerbsverzerrungen zulasten der europäischen Händler entstanden. Diese höhlen den Handelsstandort aus – bis heute. Daher braucht es einen besseren Vollzug statt neuer Papiertiger“, sagt Handelsverband-Geschäftsführer Rainer Will.

„Kein europäischer Webshop ist im Vorjahr ähnlich schnell gewachsen wie die chinesischen Shopping-Apps Temu und Shein“, berichtet der Handelsverband.

Shein und Temu zählen in Österreich laut HV bereits zu den 15 umsatzstärksten Webshops. „Die Zeit drängt“, sagt Will und: „Kein europäischer Webshop ist im Vorjahr ähnlich schnell gewachsen wie die chinesischen Shopping-Apps Temu und Shein. So lag der weltweite Umsatz des Ultra-Fast-Fashion-Anbieters Shein 2023 bereits bei 30 Mrd. Euro – ein Viertel davon wurde in Europa erwirtschaftet, rund 100 Mio. Euro in Österreich. Temu wiederum ist seit Monaten fast durchgehend auf Platz eins der Downloadcharts in den USA und der EU. Beide Plattformen zählen hierzulande mittlerweile zu den 15 umsatzstärksten Webshops. Ermöglicht wird dieses rasante Wachstum allerdings durch fragwürdige Methoden und ein zahnloses Regulativ.“

Umsatzrückgang von -7,5% im heimischen Onlinehandel

Der beispiellose Siegeszug dubioser Onlineplattformen aus Fernost, wie Will formuliert, falle genau in jene Phase, in der heimische E-Commerce-Unternehmen Investitions- und Expansionsstopps ausrufen müssen, weil sie neben einem preisbereinigten Umsatzrückgang von -7,5% (2023) mit „massiven Kostensteigerungen für Energie, Personal, Logistik und Fremdkapital sowie im Vergleich mit Drittstaatenhändlern mit einer totalen Überfrachtung an Regulierungen und Bürokratie“ zu kämpfen hätten.

Kampf mit ungleichen Mitteln: Drittstaatenhändler profitieren von fehlenden Kontrollen & Sanktionen

Shein und Temu zählen in Österreich laut HV bereits zu den 15 umsatzstärksten Webshops.

Natürlich sollten Plattformen wie Temu und Shein nicht gleich vom gesamten europäischen Markt verbannt werden, betont Will. „Unerlässlich sind jedoch faire Spielregeln, an die sich alle Marktteilnehmer halten müssen. Nur so kann ein funktionierender Wettbewerb im Sinne der heimischen Verbraucher stattfinden. Wenn es sich aber manche Plattformen leichter machen können, weil die Politik und die Behörden nicht so genau hinschauen, dann kippt das System.“

Der Handelsverband fordert „FairCommerce“ und damit eine Stärkung und Personalaufstockung des Zolls, der u.a. für die Paketabfertigung zuständig ist. Überdies müsse die Marktüberwachung im großen Stil aktiv werden. „Sinnvoll wären etwa regelmäßige Proben und Testbestellungen, um unlautere Praktiken wie Zollbetrug, Produktpiraterie oder fehlende CE-Kennzeichnungen rasch aufdecken zu können“, so Will.

EU-Lieferkettengesetz

Angesichts der aktuellen Diskussion um ein mögliches Scheitern der EU-Lieferkettenrichtlinie stellt der Handelsverband fest, dass die aktuell zur Abstimmung vorliegende Fassung unverhältnismäßige Haftungsrisiken für europäische Unternehmen beinhalte und vor allem den heimischen Mittelstand überfordern würde.

„Der Handelsverband unterstützt die grundsätzliche Intention des EU-Lieferkettengesetzes zur Stärkung der Menschenrechte sowie zur Bekämpfung der globalen Erwärmung aus voller Überzeugung. Der europäischen Wirtschaft allein kann aber nicht die volle Verantwortung für die Durchsetzung der Menschenrechte oder ökologischer Mindeststandards in Drittstaaten übertragen werden. Sollte die EU-Lieferkettenrichtlinie bei der morgigen Abstimmung im Rat scheitern, wäre das die Konsequenz eines schlechten Verhandlungsergebnisses der zuständigen EU-Institutionen. Der final ausverhandelte Text ist aus Sicht des österreichischen Handels in puncto Anwendungsbereich und Haftungsregime untragbar. Vor allem unsere mittelständischen Händler sehen sich mit unverhältnismäßigen zivilrechtlichen Haftungsrisiken und einer Bürokratielawine konfrontiert. Das wäre das reinste Mittelstands-Belastungspaket“, so Rainer Will. Der Handelsverband begrüße deshalb die Ankündigung von Wirtschaftsminister Kocher, sich morgen bei der Abstimmung zu enthalten.

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