Besuchen Sie uns auf LinkedIn
Freitag, 26. April 2024
Berechnungen zu den Weihnachtsumsätzen und Gesamtjahresbilanz

Wie wird das Weihnachtsgeschäft 2020 ausfallen?

Hintergrund | Stefanie Bruckbauer | 16.12.2020 | |  Unter der Lupe
Wie wird das österreichische Weihnachtsgeschäft 2020 ausfallen? Das haben sich das WIFO und der Handelsverband angesehen. (Bild: Petra Bork/ pixelio.de) Wie wird das österreichische Weihnachtsgeschäft 2020 ausfallen? Das haben sich das WIFO und der Handelsverband angesehen. (Bild: Petra Bork/ pixelio.de) Das WIFO präsentierte heute gemeinsam mit dem Handelsverband die neuesten Berechnungen zu den Weihnachtsumsätzen aus Händler- und Konsumentensicht sowie eine Gesamtjahresbilanz für das Corona-Jahr 2020. Demnach schrumpft das Weihnachtsgeschäft heuer um rd. 10%. Zudem wurde wieder Mal bestätigt, dass Aktionstage (wie zB der Black Friday) das klassische Weihnachtsgeschäft kannibalisieren.

Das Weihnachtsgeschäft gilt als „fünftes Quartal“ bzw. als wichtigste Zeit für den Einzelhandel. „Es entscheidet darüber, ob das Geschäftsjahr erfolgreich endet oder nicht – im Corona-Jahr 2020 gilt dies mehr denn je, wenngleich die Ausgangslage heuer aufgrund des harten Lockdowns von 17. November bis 6. Dezember alles andere als ideal war“, bringen es die Studienautoren auf den Punkt.

Das klassische Weihnachtsgeschäft wird ja definiert als Mehrumsatz im Dezember, der über den durchschnittlichen Umsätzen der Monate Jänner bis November liegt. Dazu werden noch Trend-, Konjunkturentwicklung und kalenderbedingte Effekte (zB. die Zahl der Verkaufstage oder deren Verteilung) berücksichtigt. Auch das WIFO und der Handelsverband stellen wieder einmal fest: „Sondereinkaufstage wie der Black Friday sowie der vorgezogene Ausverkauf kannibalisieren mittlerweile das klassische Weihnachtsgeschäft und verschieben die Mehrumsätze immer stärker in den November.“

Geschenkeranking

Auch heuer sind Gutscheine und Geldgeschenke gern gesehene Gaben unterm Weihnachtsbaum. Reisen und Wellness, im Vorjahr noch auf Platz 2 der Rangliste, werden hingegen Corona-bedingt deutlich weniger verschenkt. Bei den bevorzugten Waren greift jedes dritte österreichische Christkind im Einzelhandel zu Spielzeug (33%), Süßigkeiten (32%) oder Bekleidung (32%), und immerhin jedes Vierte zu Büchern (27%) und Kosmetik (26%).

Mehrumsatz im Weihnachtsgeschäft

Das aktuelle Weihnachtsgeschäft 2020 verläuft laut WIFO und Handelsverband eher durchwachsen. Dies aufgrund der behördlichen Schließung des Non-Food Handels bis 6. Dezember sowie der weiterhin geltenden Einschränkungen und Hygiene-Vorgaben im gesamten stationären Handel. Die Umsatzprognose von Handelsverband und Wirtschaftsforschungsinstitut (WIFO) für den österreichischen Einzelhandel geht von einem weihnachtsbedingten Mehrumsatz von 1,1 Mrd. Euro netto bzw. 1,29 Mrd. brutto aus. Das entspricht einem Rückgang von -9,5% im Vergleich zum Vorjahr (1,22 Mrd. Euro netto bzw. 1,43 Mrd. brutto). Betrachtet man nur den Nicht-Lebensmittelbereich, liegt der Umsatzrückgang im November und Dezember sogar bei -14,7%. Insgesamt wird das Umsatzvolumen heuer im Dezember auf nominell 6,25 Mrd. Euro geschätzt. Im Vorjahr waren es 6,4 Mrd. Euro.

Wie das WIFO und der Verband sagen, kümmert sich rund ein Drittel der Konsumenten erst in den letzten Tagen vor Heiligabend um Geschenke. „Nach dem 24. Dezember werden dann Geldgeschenke eingelöst und das Gutscheingeschäft hat Hochkonjunktur bis weit in den Jänner 2021 hinein“, ergänzen WIFO und Handelsverband.

Jahresprognose: -2,9% im Einzelhandel 2020

„Aus all diesen Faktoren leitet sich unsere Gesamtjahresprognose 2020 ab und diese zeigt für den österreichischen Einzelhandel 74,5 Mrd. Euro brutto. Ein nomineller Rückgang von -2,9%. Bezieht man die Inflationsrate von 1,3% ein, wird der heimische Handel heuer real um mehr als -4,2% schrumpfen. Insgesamt rechnen wir für 2020 mit einem Rückgang der privaten Haushaltsausgaben für Dienstleistungen, Konsumgüter und sonstige Investitionen von mindestens 16,5 Milliarden Euro„, so Handelsverband Geschäftsführer Rainer Will.

Dr. Josef Baumgartner, Senior Economist am Österreichischen Institut für Wirtschaftsforschung (WIFO), sagt: „Wenn wir die Umsätze im Oktober und November auf der Basis der früher verfügbaren Daten zu den bargeldlosen Transaktionen abschätzen und einen teilweisen Nachholeffekt im Dezember unterstellen, dürfte der nominelle Gesamtjahresumsatz im Einzelhandel ohne KFZ und ohne Nahrungsmittel um -4,3% zurückgehen. Aggregiert über alle Teilbereiche des Einzelhandels konnte der Einbruch durch den ersten Lockdown über den Sommer annähernd wettgemacht werden, wobei die einzelnen Sektoren sehr unterschiedlich betroffen waren.“

Im Handel betreffen die negativen Auswirkungen der Krise jedoch fast ausschließlich die stationären Geschäfte, wie Baumgartner weiter ausführt: „Hier dürfte der inflationsbereinigte Umsatzrückgang heuer bei mindestens -4,7% liegen (nominell: -3,4%). Am stärksten sind KMU-Händler mit Geschäftsflächen betroffen.“

Laut WIFO und Handelsverband musste fast ein Zehntel der heimischen Händler ihren Betrieb aufgrund der Corona-Krise bereits schließen, 6.500 Unternehmen seien akut insolvenzgefährdet. „Allein der zweite harte Lockdown hat im Nichtlebensmittelbereich einen deutlichen Einbruch von -20% im November und mehr als -10% im Dezember gegenüber den Vorjahrsumsätzen gebracht“, bestätigt Baumgartner.

„Der Onlinehandel wird hingegen heuer um mehr als +17% wachsen. Corona war hier eindeutig ein Brandbeschleuniger. Am Ende des Jahres werden wir erstmals einen eCommerce-Anteil am gesamten Einzelhandelsumsatz von mehr 11% erreichen. Das entspricht rund 8,2 Milliarden Euro“, so Will und er ergänzt: „Viele heimische Händler haben das Potenzial in den letzten Monaten erkannt und in ihren Webshop investiert – eine gute Entscheidung.“

Onlinehandel: Packerl-Flut im Dezember

Noch stärker als der Distanzhandel wird heuer laut WIFO und Handelsverband der sog. KEP Markt (Kurier-, Express- und Paketdienste) zulegen. „2019 lag die Zahl der zugestellten Pakete im B2C Bereich bereits bei 151 Millionen (+14%). Für heuer erwarten wir ein Paketvolumen von 180 Millionen – ein Anstieg von mehr als +19% innerhalb eines Jahres. Hauptgründe für die Paketlawine sind neben dem generellen eCommerce-Boom vor allem überproportional steigende Teillieferungen und Retouren. Im Weihnachtsgeschäft werden heuer an manchen Tagen über eine Million Pakete zugestellt. Das bringt zahlreiche Paketdienstleister an ihre Grenzen“, so Will und Baumgartner.

Vier Neujahrswünsche

Derzeit würden im Handel zwei Geschwindigkeiten existieren. „Die österreichischen Händler müssen mit einer Ritterrüstung, mit starren Zuschlägen und hohen Lohnnebenkosten einen wahren Hürdenlauf absolvieren. Die Internet-Giganten ohne Betriebsstätte in Österreich können hingegen ‚frei wie ein Vogel‘ agieren und einen eleganten Sprint hin zum Konsumenten absolvieren“, sagt Will, laut dem es endlich lenkungspolitische Schritte braucht – „jetzt!“

Rainer Will: „Es gibt sinnvolle einzelstaatliche Maßnahmen, um den beschäftigungsintensiven stationären Handel zu unterstützen. Globale Plattformen wie Amazon dominieren das Spielfeld im eCommerce und sind Einfallstor für die Paketlawine aus Asien. Länder wie England, Frankreich, Italien oder Schweden haben darauf reagiert, sie haben effektive einzelstaatliche Lösungen umgesetzt. Die Politik hat zu folgenden Punkten regulative Unterstützung zugesichert:

Maßnahme 1: Fiktive Gewinnbesteuerung für Online-Giganten ohne Betriebsstätte in Österreich

Maßnahme 2: Subsidiäre Plattformhaftung für Fake-Produkte

Maßnahme 3: Plattformhaftung für Verpackungsentpflichtung

Maßnahme 4: Paketlawine aus Asien stoppen und 22 Euro MwSt-Freigrenze abschaffen

Maßnahme 5: Regulative Entdiskriminierung des stationären Handels“

Diesen Beitrag teilen

Kommentare

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.

This site is protected by reCAPTCHA and the Google Privacy Policy and Terms of Service apply.

An einen Freund senden