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Freitag, 26. April 2024
Aus dem Bundesgremium

Die Rolle des EFH bei der Energiewende: Mehr als nur Statist

Hintergrund | Wolfgang Schalko | 20.04.2023 | |  Wissen
Bundesgremial-Geschäftsführerin Bianca Dvorak sieht den Elektrofachhandel bei der Energiewende keineswegs nur in einer Nebenrolle. Bundesgremial-Geschäftsführerin Bianca Dvorak sieht den Elektrofachhandel bei der Energiewende keineswegs nur in einer Nebenrolle. (© Stephan Huger) Das Thema Energiewende ist in aller Munde, allerdings auch sehr technisch behaftet – weshalb es eher den Elektrikern als den Elektrohändlern zugeschrieben wird. Dass es für klassischen Elektrohandel dennoch eine ganze Palette an Möglichkeiten gibt, daran zu partizipieren, erläutert Bundesgremial-Geschäftsführerin Bianca Dvorak.

Wo bzw. wie findet sich der Elektrohandel bei der Energiewende wieder?

Bianca Dvorak: Aus Sicht des Bundesgremiums ist der klassische Elektrohandel ein wichtiger Teil der Energiewende, denn es geht ja nicht nur um all die Produkte, die verbaut werden, sondern auch um Geräte, gerade Haushaltsgroßgeräte, die doch einen bedeutenden Anteil am Energieverbrauch eines Haushalts haben. Hier bietet der EFH beispielsweise immer die neuesten Geräte hat mit hohen Energieeffizienzklassen – und da gibt es in puncto Energieverbrauch schon enorme Fortschritte.

In diesem Zusammenhang ist auch der Reparaturbonus zu betrachten. Dieser ist eine tolle Initiative, aber es ist wichtig, Energieeffizienz neuer Geräte versus Reparatur in einen Kontext zu bringen. Ob es sich tatsächlich lohnt, einen 20 Jahre alten Kühlschrank mit dem Reparaturbonus wieder funktionstüchtig zu bekommen, oder sich ein Neukauf nicht sehr schnell amortisieren würde, ist eine Kernkompetenz, die der Handel hat. D.h. konkret auf den Kunden einzugehen und seine Bedürfnisse zu eruieren. Das geht auch in den Bereich Smart Home über, denn diese Anwendung, das Leben einfacher und komfortabler zu machen, sehen die meisten Konsumenten. Aber zusätzlich den Aspekt einzubringen, dass intelligente Technik den Energieverbrauch sichtbar macht und damit dem Kunden erst die Möglichkeit eröffnet, Energie einzusparen indem er z.B. sein Verhalten anpasst oder energieeffiziente Geräte kauft, erlaubt dem Handel auch Teil der Energiewende zu sein. Zumal die Beratung ja schon bei ganz banalen Themen beginnt, wie etwa der passenden Kühlschrankgröße für einen Haushalt.

D.h. der EFH sollte bei den Sortimenten, die er ohnehin führt, den Umweltgedanken stärker als bis jetzt hervorheben?

Genau. Das ist eine Entwicklung, die einerseits vom Handel selbst getrieben wird, anderseits äußeren Einflüssen – während vor 15 Jahren praktisch niemand nach der Energieeffizienzklasse gefragt hat, wollen die Kunden das heute ganz genau wissen.

Welche Themen bzw. Bereiche sollten Händler gezielt ins Auge fassen bzw. wo sollten sie Kompetenz aufbauen?

Wir sehen, dass es gerade nach der Pandemie wieder großes Interesse an Fortbildungen gibt – die waren während der Pandemie ja sehr schwierig, dennoch ist die technische Entwicklung weitergegangen. Daher ist es jetzt besonders wichtig, dass Händler und Verkäufer sich auf dem Laufenden halten, um die Produkte entsprechend erklären zu können. Eine Chance in der Positionierung sehen wir außerdem bei der Digitalisierung des Wohnbereichs. Denn das Thema Smart Home/Smart Building noch nicht zur Gänze von einer Berufsgruppe besetzt, sodass sich der klassische Elektrohändler hier Kompetenzen aufzubauen und dem Kunden als versierter Ansprechpartner präsentieren kann – z.B. wenn es um die Vernetzungsmöglichkeiten oder die Einbindung von Geräten in die Wohnsituation des Kunden geht. Zudem schätzen die Kunden gerade in unserer digitalisierten Zeit die persönliche Beratung.

Beziehen sich die angesprochenen Weiterbildungen/Schulungen auf Angebote der Industrie oder bietet das Bundesgremium etwas Eigenes?

Die fachlichen Inputs kommen großteils von der Industrie. Aber da spielt beispielsweise auch unser aktuelles Angebot zum Thema Social Media mit hinein, um Kunden überhaupt einmal auf dieses Thema aufmerksam zu machen – durch Social Media Werbung, LinkedIn-Aktivitäten u.Ä. Das sind Dinge, die Kunden wirklich ansprechen und ganz konkrete Einsatzmöglichkeiten des vermittelten Know-hows aufzeigen.

Gerade beim Smart Home bieten sich auch Möglichkeiten für gewerkeübergreifende Kooperationen: Beispielsweise für Installationen oder die Montage braucht es den Elektrotechniker, auf der anderen Seite ist aber auch das geschulte Verkaufspersonal notwendig, um den genauen Bedarf zu erheben. In den heimischen Betrieben findet man häufig, aber nicht immer beides. Gerade weil die Energiewende so viele Aspekte hat ist jedes Unternehmen gefordert, wo man Kompetenzen in diese Richtung ausbauen und wo die vorhandenen einsetzen kann. Da ist offenes Denken gefragt, das erfreulicherweise schon sehr viele – und immer mehr – Betriebe an den Tag legen. Ich sehe die Energiewende ein bisschen wie einen Lego-Bausatz: Jeder dieser Bereiche – Elektrohändler, Elektrotechniker, GWH-Installateur, etc. – ist ein Legostein und damit ein wichtiger Baustein der Energiewende. Und das Haus, das entstehen soll, wird am Ende nur dann perfekt, wenn man alle Steine verwendet.

Welche Aktivitäten setzt das Bundesgremium zum Thema Energiewende?

Wir sind sehr aktiv darin, auf politischer Ebene den Wortschatz dahingehend zu schärfen, dass es nicht nur thermische, sondern auch energetische Sanierung gibt. Unsere Smart Building-Studie aus dem Vorjahr hat ja gezeigt, dass durch energetische Sanierung im Privatbereich bis zu 20% CO2-Einsparung möglich ist. Daran anknüpfend wurde eine Nachfolgestudie beauftragt, um zu bepreisen, welche Maßnahmen welchen Effekt haben. Im Sinne unseres Slogans „Dimmen statt Dämmen”.

Weiters läuft seit einem halben Jahr unsere LinkedIn-Kampagne, die mit Energiespartipps für Unternehmen, durch Hinweise auf Beleuchtungsaudits, Energieeinsparung durch energetische Sanierung und allgemeine Infos bei Entscheidungsträgern beachtliche Resonanz findet. Passend zum Thema befinden wir uns gerade in der Planung für ein Webinar rund um Gefahrenguttransporte, z.B. wie es rund um die Montage von PV-Anlagen mit der Begleitscheinpflicht bei Speicherakkus aussieht. Die Bundesländer zeigen ebenfalls Initiative – beispielsweise hat das Landesgremium Wien hat ein tolles Imagevideo zu Smart Home gemacht, das sogar in den Wiener Kinos gelaufen ist. Fachmessen sind für uns natürlich auch wichtig, um sich zu informieren und auszutauschen. Und selbstverständlich sind wir durch diverse Aktivitäten in Kontakt mit politischen Entscheidungsträgern und geben Input zu Gesetzesentwürfen.

Die meisten denken bei der Energiewende an Energiegewinnung durch PV u.Ä. – welche Chancen bietet dahingehend die Energieeinsparung, sprich Energieeffizienz, für den EFH?

Darin sehen wir durchaus großes Potenzial, denn wie zuvor angesprochen ist die thermische Sanierung zu kurz gegriffen, d.h. das Dämmen der Gebäudehülle allein reicht nicht, sondern es braucht zusätzlich die energetische Sanierung, d.h. die Modernisierung der Haustechnik, damit das Gesamtpotenzial gehoben wird. Hier ist es – auch im Sinne der Technologieoffenheit – wichtig, möglichst umfassend zu denken und zu überlegen, welche Maßnahmen man treffen kann, damit eine Wohnung bzw. ein Haus oder Gebäude möglichst energieeffizient ist und die Energie nirgends verpufft. Da bin ich schon gespannt auf die Ergebnisse unserer neuen Studie (Anm. die in den nächsten Wochen vorliegen sollen), die das dann genau beziffern wird.

Einige Produkte aus dem Bereich der Energiewende wie Balkonkraftwerke oder mobile Stromspeicher finden sich schon sehr breit in der Großfläche und in den Baumärkten – machen diese Warengruppen für den EFH dann überhaupt noch Sinn?

Absolut, denn z.B. Balkonkraftwerke sind ja gerade ein absolutes In-Thema und man darf eines nicht vergessen: Nur weil das ein frei verkäufliches Produkt ist, hat es immer noch mit Strom zu tun und der Umgang mit Strom erfordert Fachwissen. Daher lautet unsere Empfehlung, dass sich der Endkunde gerade bei solchen Produkten zu seiner Sicherheit entsprechend beraten lässt – das ist hier noch wichtiger als bei Produkten wie LED-Leuchtmitteln, smarten Energiezählern und Heizungsreglern oder energieeffizienten Haushaltsgeräten, die ebenfalls positiv zur Energiewende beitragen, aber ohne Fachleute relativ einfach eingesetzt werden können.

Abschließend möchte ich noch ein Thema ansprechen, das für unsere Branche wichtig ist: die zukünftigen Mitarbeiter und Unternehmensinhaber – gerade weil es um neue und innovative Technologien geht. Um das besser abbilden zu können und auch die Flexibilität zu erhöhen, pochen wir vehement auf eine Modernisierung der Einzelhandelslehre für den klassischen Elektrohandel. Damit das auch wahrgenommen wird gibts dann ab Sommer eine große Kampagne rund um Berufe aus der Elektrobranche, wo eine Bewusstseinsbildung erfolgen soll, was in unserer Branche alles möglich ist und wie die einzelnen Berufe zur Energiewende beitragen. Darin sehen wir durchaus auch eine Art der Positionierung der Branche – die konkrete Positionierung bleibt natürlich jedem Unternehmer selbst vorbehalten, aber eine grundsätzlich positive Stimmung bei den jungen Leuten zu machen, erachten wir im Bundesgremium als unsere Aufgabe.

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